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Die Sozialdemokratische Fraktion lancierte im Juni 2024 eine parlamentarische Initiative, welche die Angleichung der Sozialhilfeansätze von Personen mit Status S und vorläufig Aufgenommenen an den höheren und für die restliche Wohnbevölkerung der Schweiz geltenden Ansatz forderte. Somit würde der tiefere Ansatz nur noch bei Asylsuchenden zu tragen kommen. Die SP begründete ihre Initiative mit einer im Frühjahr desselben Jahres erschienenen Studie von Angehörigen der ETH und der Universitäten Zürich und Basel. Aus den Studienresultaten folgerten die Forschenden, dass höhere Sozialhilfeansätze Kleinkriminalität und Drogendelikte zu reduzieren vermögen. Mit 13 zu 10 Stimmen (1 Enthaltung) gab die SGK-NR der Initiative Ende Januar 2025 jedoch keine Folge. Gemäss Medienmitteilung der Kommission waren die angespannten Bundesfinanzen sowie Befürchtungen, dass eine Angleichung der Sozialhilfeansätze falsche Anreize setzen könnte, ausschlaggebend für den Entscheid der Mehrheit.

Keine reduzierte Sozialhilfe für Geflüchtete mit Status F und S (Pa.Iv. 24.433)

Ebenso wie die Kantone Jura, Tessin und Wallis wollte auch der Kanton Genf mit einer Anfang 2024 eingereichten Standesinitiative die Einführung einer Elternzeit vorantreiben. Im Unterschied zu den drei anderen Standesinitiativen, die nach einer nationalen Elternzeit verlangten, forderte der Kanton Genf mit seiner Standesinitiative, dass Kantone eine Elternzeit einführen dürfen. Im Juni 2023 hatte sich eine Mehrheit der kantonalen Stimmbevölkerung des Kantons Genf mit einem Ja-Stimmenanteil von 57.9 Prozent für die Einführung einer Elternzeit von mindestens 24 Wochen ausgesprochen. Indes war die Genehmigung der entsprechenden Änderung der Kantonsverfassung durch das eidgenössische Parlament suspendiert worden, da die Regelung nicht bundesrechtskonform ist. Im Rahmen einer geplanten Revision der Erwerbsersatzordnung könnte die entsprechende Konformität jedoch hergestellt werden, weswegen das Parlament die Gewährleistung lediglich suspendiert hatte. Im Januar 2024 sprach sich die SGK-SR mit 10 zu 2 Stimmen (1 Enthaltung) dafür aus, der Genfer Standesinitiative Folge zu geben. Im Jahr 2021 hatte die damals zuständige Kommission – die WBK-SR – bei der Beratung einer ähnlichen Standesinitiative aus dem Kanton Jura noch mehrheitlich gegen Folgegeben plädiert.

Kantone sollen einen Elternurlaub einführen dürfen (Kt.Iv. 24.301)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Im Jahr 2024 forderten gleich vier Kantone mittels Standesinitiativen die Einführung einer Elternzeit; eine davon stammte vom Kanton Jura. Im Unterschied zu den Standesinitiativen der Kantone Wallis und Tessin liess dieser die Dauer der Elternzeit jedoch offen. Dabei präferierte der Kanton Jura eine Lösung für die Elternzeit auf Bundesebene. Dies im Unterschied zur vierten Standesinitiative aus dem Kanton Genf, die dem Titel ihrer Initiative zufolge den Weg über kantonale Lösungen beschreiten wollte, ansonsten jedoch ebenfalls offen formuliert war. Während die SGK-SR den beiden offen formulierten Standesinitiativen im Januar 2025 mit 10 zu 2 Stimmen (1 Enthaltung) grossmehrheitlich Folge gab, lehnte sie die beiden anderen Kantonsinitiativen, die weniger Spielraum bei der Ausgestaltung zuliessen, mit 7 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) ab.

Elternzeit. Für eine Lösung auf Bundesebene (Kt.Iv. 24.310)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Ende Januar 2025 gab die SGK-SR zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Tessin und Wallis, welche die Einführung einer nationalen Elternzeit von mindestens 20 Wochen forderten, wovon der väterliche Anteil im Minimum 20 Prozent betragen soll, mit 7 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) keine Folge. Die Kommissionsmehrheit wollte zuerst einen in Erfüllung eines Kommissionspostulats in Aussicht gestellten Bericht abwarten, bevor sie sich auf ein konkretes Modell festlegte. Eine Grossmehrheit der Kommission anerkannte jedoch Handlungsbedarf, was sie durch die gleichzeitige Annahme von zwei weiteren, offen formulierten Standesinitiativen aus den Kantonen Genf und Jura zum Ausdruck brachte. Gemäss den vier Kantonen kann eine Elternzeit zahlreiche Vorteile haben, namentlich die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und damit die Bekämpfung des Fachkräftemangels, die Reduktion des sogenannten Gender Pension Gap und die Förderung des Wirtschaftswachstums. Zudem könne eine Elternzeit den Aufbau von stabilen emotionalen Beziehungen zu beiden Elternteilen sowie eine gleichberechtigtere Rollenaufteilung in der Erziehung fördern. Darüber hinaus verwiesen alle Standesinitiativen auf den Umstand, dass einige europäische Länder bereits über eine Elternzeit verfügten und der bezahlte Mutter- und Vaterschaftsurlaub in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Staaten gering sei.

Einführung einer nationalen Elternzeit (Kt.Iv. 24.305 und Kt.Iv. 24.311)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Jahresrückblick 2024: Soziale Gruppen

Wie bereits 2022 und 2023 trieben im Themenbereich «Soziale Gruppen» auch im Jahr 2024 Diskussionen im Asylbereich Politik und Medien um (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Im Unterschied zu den beiden vorangegangenen Jahren stiessen politische Vorstösse zur Verschärfung der Bestimmungen im Parlament indes vermehrt auf Unterstützung. Das Parlament beschloss bei der Beratung des Voranschlags 2025 zudem Kürzungen beim Betrieb der Bundesasylzentren sowie bei der Sozialhilfe für Asylsuchende. Begründet wurde dies mit den nach wie vor zwar hohen, aber im Vergleich zu 2023 rückläufigen Asylgesuchszahlen. Der Bundesrat erleichterte im Berichtsjahr durch eine Verordnungsänderung den Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers und verordnete Massnahmen zur Stärkung der Arbeitsmarktintegration von Personen mit Schutzstatus S, womit auch auf diesem Weg eine Senkung der Ausgaben für die Sozialhilfe bezweckt wurde. Die Verbesserung der Erwerbsintegration im Asylbereich wurde auch vom Expertisebericht zur Entlastung des Bundeshaushalts empfohlen. National- und Ständerat diskutierten im Berichtsjahr ausführlich über eine Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb der Zentren des Bundes, die als Reaktion auf die 2020 und 2021 medial begleiteten Gewaltvorfälle in Bundesasylzentren geschaffen worden war (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen). Die Differenzbereinigung zum Geschäft wird 2025 in Angriff genommen. Schliesslich lancierte die SVP im Mai 2024 die Grenzschutzinitiative, die unter anderem die Einführung eines Kontingents für bewilligte Asylgesuche verlangt.

2024 kam mit der Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» eine andere Initiative aus der Feder der SVP zustande, die den Bevölkerungszuwachs mittels Steuerung der Migration stärker kontrollieren will; insbesondere mit Massnahmen im Bereich Asyl und Familiennachzug. Eine Erleichterung des Familiennachzugs durch eine Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung bezweckt im Gegenteil dazu ein Kommissionsentwurf in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative, dem jedoch ein Entscheid auf Nichteintreten droht. Die Schlussabstimmungen passierte indes ein in Auftrag einer anderen parlamentarischen Initiative ausgearbeiteter Entwurf im Bereich der Migration, der durch entsprechende ausländerrechtliche Bestimmungen Drittstaatenangehörige besser vor häuslicher Gewalt schützen will.

Eine Verstärkung des Schutzes vor Gewalt wurde auch für andere Personengruppen angestrebt: In der Frühjahrssession überwies der Ständerat eine Motion an den Bundesrat, die ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung fordert. Darüber hinaus will der Bundesrat in Erfüllung einer Motion auch Kinder und Jugendliche besser vor Gewalt schützen. Im September 2024 präsentierte er dazu seine Botschaft zur Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch. Zudem überwies der Nationalrat 2024 zwei Postulate, die Berichte über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in der Familie und in Institutionen für Kinder und Jugendliche ausserhalb der Kirche verlangt. Schliesslich sollen Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts künftig unter Strafe gestellt werden. Nach dem Nationalrat gab auch der Ständerat sechs gleichlautenden parlamentarischen Initiativen mit dieser Forderung Folge.

Gewaltvorfälle wurden im Zusammenhang mit der LGBTQIA+-Gemeinschaft thematisiert. Im Mai berichteten die Medien über eine starke Zunahme von Hassdelikten gegenüber Angehörigen dieser Personengruppe. Für überdurchschnittliche Medienaufmerksamkeit für LGBTQIA+-Personen sorgte im Mai indes Nemo mit dem Sieg am Eurovision Song Contest und die daraufhin formulierte politische Forderung zur Einführung einer dritten Geschlechtskategorie im Personenstandsregister (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse).

Im Bereich der Familienpolitik verabschiedete das Parlament ohne viel Aufhebens aber entgegen dem Willen des Bundesrats eine Änderung des Familienzulagengesetzes zur Einführung des vollen Lastenausgleichs in den Kantonen. Deutlich stärker beschäftigte sich die Politik innerhalb und ausserhalb des Parlaments hingegen mit der Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der ausserfamiliären Kinderbetreuung (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen). Nachdem sich der Bundesrat aufgrund der angespannte Lage der Bundesfinanzen und mit Verweis auf die Zuständigkeit der Kantone bereits im Vorjahr gegen eine Kostenbeteiligung des Bundes an den Betreuungskosten von Eltern gestellt hatte, gab die ständerätliche Kommission im März ein Alternativmodell in die Vernehmlassung. Besagtes Modell, das insbesondere die Arbeitgebenden in die Finanzierungspflicht nehmen will, stiess in der Wintersession im Ständerat trotz gemischten Vernehmlassungsergebnissen auf deutliche Zustimmung. Anders als der Nationalrat beschloss die Kantonskammer bei der Beratung des Geschäfts zudem, den Bund ebenfalls von der finanziellen Beteiligung an der Weiterentwicklung des ausserfamiliären Betreuungsangebots zu befreien. Diese Vorlage wollte der Ständerat überdies zum indirekten Gegenvorschlag zur im Vorjahr eingereichten Kita-Initiative machen. Zur Förderung der Gleichstellung in der Arbeitswelt befasste sich der Nationalrat im Berichtsjahr ausführlich mit einer Vorlage zur Einführung der Individualbesteuerung.

Wie bereits im Vorjahr erhielten Forderungen von Menschen mit Behinderungen auch im Berichtsjahr viel Beachtung. Dazu trug insbesondere die Inklusions-Initiative bei, welche die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Lebensbereichen fordert und die im September eingereicht wurde. Ende Jahr gab der Bundesrat bekannt, einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative ausarbeiten zu wollen. Der Nationalrat überwies im Berichtsjahr zudem ein Kommissionspostulat, das vom Bundesrat die Überprüfung von möglichen Massnahmen zur Verbesserung der politischen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verlangt, womit das Parlament eine aus der Behindertensession 2023 resultierte Forderung aufnahm. Zehn Jahre nach Inkrafttreten der UNO-Behindertenrechtskonvention überwies der Nationalrat im Mai ferner ein Postulat, das eine Aufdeckung von Widersprüchen zwischen den geltenden Schweizer Rechtsgrundlagen und der besagten Konvention fordert. Denn solche gibt es gemäss den Interessenorganisationen für Menschen mit Behinderungen noch einige, die sich auch nicht mit der Ende 2023 in die Vernehmlassung geschickten Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes auflösen liessen.

Jahresrückblick 2024: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2024

Während die meisten im Jahr 2023 vom Parlament beratenen Vorstösse für eine Verschärfung der Asylpolitik bereits im Erstrat abgelehnt und nur in wenigen Fällen überwiesen worden waren, änderte sich diese Situation 2024. Zwar scheiterte nach wie vor eine Mehrheit der Vorstösse bereits in der erstbehandelnden Kammer – darunter die meisten Vorstösse aus der SVP-Fraktion –, allerdings erhielten im Berichtsjahr deutlich mehr Vorstösse Zustimmung durch das Parlament. So wurden 2023 sechs überwiesene Geschäfte gezählt, darunter vier Postulate (Po. 23.3084; Po. 23.3203; Po. 23.3837; Po. 23.3859) und zwei Motionen (Mo. 23.3032; Mo. 23.3176), wobei Letztere erst in der Wintersession und somit vom neu zusammengesetzten Nationalrat überwiesen worden waren. Im Jahr 2024 erhöhte sich diese Zahl auf 16, wobei mit der Überweisung von elf Motionen zahlreiche Gesetzesänderungen beantragt wurden.

Die 2024 vom Parlament überwiesenen Vorstösse betrafen dabei zum einen Fragen zur grundsätzlichen Ausrichtung der Asylpolitik. So wollte eine Motion der FDP-Fraktion unter anderem sicherstellen, dass auf Asylgesuche von Personen, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen, in keinem Fall eingetreten wird (Mo. 23.3533). Gegen diese Forderung opponierte der Ständerat hingegen mit hauchdünner Mehrheit, womit die Motion lediglich teilweise, beziehungsweise mit den übrigen fünf Forderungen zur Bekämpfung der Sekundärmigration überwiesen wurde. Darüber hinaus fordern vier überwiesene Postulate die Überprüfung der Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende (Po. 24.3478; Po. 24.3165), das Abwägen von Kosten und Nutzen der Abkommen von Schengen und Dublin (Po. 24.3946) sowie eine Auslegeordnung zur Möglichkeit der Durchführung von Asylverfahren an EU-Aussengrenzen oder in Drittstaaten (Po. 23.4490).

Vier überwiesene und von je zwei Mitgliedern der FDP- und SVP-Fraktion angestossene Motionen verlangen ferner Verbesserungen bei den Rückführungen. Zum einen wurde der Bundesrat mit der Erarbeitung eines Konzepts beauftragt, um die Zahl der Rückführungen und Ausweisungen deutlich zu erhöhen (Mo. 23.3082). Darüber hinaus wird als konkrete Massnahme der Abschluss von Migrationspartnerschaften oder -abkommen verlangt, um die Zahl der Rückübernahmen von Personen mit abgewiesenen Asylgesuchen zu steigern (Mo. 23.3838; Mo. 23.4038). Aufgrund bekannter Schwierigkeiten bei der Rückführung von abgewiesenen Menschen aus Eritrea verlangte eine weitere Motion den Abschluss eines Transitabkommens mit einem Drittstaat, an den die betroffenen Personen für eine bestimmte Dauer übergeben werden sollen, um von dort in das Herkunftsland zurückgeführt zu werden (Mo. 23.4440). Einen effizienteren Vollzug forderte schliesslich auch die FK-SR in einer eigenen Motion, um Massnahmen für Kostenbremsen im Asylbereich vorzunehmen, zusätzlich erachtete sie jedoch auch die Steigerung der Erwerbsquote bei Personen mit Status S sowie bei Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen als massgeblich Kosten dämpfend (Mo. 23.4351). Auch diese Motion fand im Berichtsjahr in beiden Räten mehrheitlich Zuspruch.

Zusätzlich lancierte die SPK-NR eine Kommissionsmotion, mit welcher sie die Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Personen mit Schutzstatus S bezweckte (Mo. 23.3968) und die vom Parlament im aktuellen Jahr ebenfalls überwiesen wurde. Darüber hinaus verlangen weitere drei 2024 überwiesene Motionen – darunter zwei identische Motionen von Mitgliedern der Mitte-Fraktion (Mo. 24.3022; Mo. 24.3035) sowie eine von einem SVP-Mitglied lancierte Motion (Mo. 24.3378) – Anpassungen beim Schutzstatus S mit dem Ziel der Verhinderung von Missbräuchen.

Die von den Printmedien begleiteten gewalttätigen Auseinandersetzung innerhalb der eritreischen Gemeinschaft nahm die FDP zum Anlass, eine Motion einzureichen, die ausländerrechtliche Massnahmen gegen Personen verlangt, die «gewaltsam dasjenige Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind» (Mo. 23.4447). Auch dieses Anliegen wurde vom Parlament im Berichtsjahr überwiesen, ebenso wie ein von einem Mitte-Mitglied lanciertes Postulat zum Umgang mit kriminellen Ausländerinnen und Ausländern und solchen, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit stören (Po. 24.3934).

Alles in allem zeigt sich bei der parlamentarischen Beratung von Vorstössen zur Verschärfung im Asylrecht 2024 somit ein anderes Bild als noch 2023. Ist das Finden von Mehrheiten für Verschärfungen in der Asylpolitik durch die Sitzverschiebungen bei den eidgenössischen Wahlen 2023 also einfacher geworden? Tatsächlich lassen sich Vorstösse eruieren, die das Parlament vor den Wahlen noch abgelehnt hatte, die im Berichtsjahr jedoch erfolgreich waren. So hatte es eine Mehrheit im Nationalrat in der Sommersession 2023 noch abgelehnt, den Bundesrat ein Konzept für eine «Rückführungsoffensive» ausarbeiten zu lassen (Mo. 23.3073), zu Beginn der neuen Legislatur stimmte die grosse Kammer einer solchen Forderung durch teilweise Annahme einer Motion Salzmann (svp, BE; Mo. 23.3082) aber zu. Und während der Ständerat in der Herbstsession 2022 eine Motion Stark (svp, TG; Mo. 22.3516), welche eine nach Herkunftsregion differenzierte Anwendung des Schutzstatus S verlangte, noch abgelehnt hatte, befürwortete er in der Sommersession 2024 eine ähnliche Forderung einer Motion von Esther Friedli (svp, SG; Mo. 24.3378); der Nationalrat tat es ihm in der Wintersession gleich. Auch von einem systematischen Datenaustausch betreffend Sans-Papiers, gefordert von einer Motion der SVP (Mo. 21.3492), hatte der Nationalrat im Frühjahr 2023 noch nichts wissen wollen, im September des Folgejahres indes einer neuen Fraktionsmotion mit exakt demselben Anliegen aber zugestimmt (Mo. 24.3059).

Dieses Umschwenken ist jedoch kaum den zusätzlichen bei den eidgenössischen Wahlen errungenen Sitzen für die SVP geschuldet, da die fragilen Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat dadurch ja nicht gekippt worden sind. Vielmehr liegt der Kursänderung wohl ein Umdenken bei den Ratsmitgliedern der FDP und teilweise auch der Mitte zugrunde. Dies zeigt sich exemplarisch an der Forderung nach einer nach Herkunftsregion differenzierten Anwendung des Schutzstatus S sowie an derjenigen für einen systematischen Datenaustausch betreffend Sans-Papiers. Beide Anliegen unterstützte die SVP im ersten Anlauf alleine, fand im zweiten Anlauf jedoch bei der gesamten FDP-Fraktion und allen Mitte-Nationalratsmitgliedern (Sans Papiers) sowie bei der Hälfte der ständerätlichen Mitte-Vertretenden (Schutzstatus S) Unterstützung. Zudem lancierte die FDP eigene Forderungen nach Verschärfungen in der Asylpolitik, für die sie in den Räten auch Mehrheiten fand: Insgesamt stammen 6 der 15 im Berichtsjahr überwiesenen Vorstösse aus ihrer Feder, dazu kommen die 2 eingangs erwähnten Motionen, die bereits in der Wintersession 2023 überwiesenen worden waren.

Im Jahr 2024 vom Parlament behandelte Vorstösse im Bereich Asyl

Aufgrund der veränderten Migrationsdynamik forderte die FDP mittels Postulat, den aus dem Jahr 2013 datierten Kurzbericht über finanzielle und personelle Auswirkungen der Assoziierung an Schengen und Dublin zu aktualisieren, um gegenwärtige Kosten und Nutzen von Schengen-Dublin aufzuzeigen. Die aktualisierte Version soll zudem um eine Analyse der «nicht-monetären Vorteile von Schengen-Dublin» – namentlich betreffend Grenzschutz und Erkennung terroristischer Gefahren – ergänzt werden. Der Bundesrat stand dem Ansinnen positiv gegenüber und zeigte sich zudem bereit, eine Aktualisierung des ausführlicheren Berichts über «[d]ie volkswirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Schengen-Assoziierung der Schweiz» aus dem Jahr 2018 in Betracht zu ziehen. Der Nationalrat nahm das Postulat in der Wintersession 2024 stillschweigend an.

Kosten und Nutzen der Abkommen von Schengen und Dublin aufzeigen (Po. 24.3946)

Nachdem der Nationalrat zu Beginn der Wintersession 2024 die Leitplanken durch Überweisung einer Motion Würth (mitte, SG), die eine Anpassungen des Schutzstatus S «zum Erhalt der Akzeptanz» fordert, bereits gesetzt hatte (Mo. 24.3022), war die Beratung einer identischen Motion Paganini (mitte, SG) im Ständerat gegen Ende der Wintersession eigentlich obsolet. Die Bitte des Bundesrates, den Auftrag an die Regierung nicht erneut zu senden, blieb ungehört: Der Ständerat überwies auch diese Motion und tat dies gar einstimmig.

Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen (Mo. 24.3035)
Dossier: Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine

In der Wintersession 2024 beugte sich der Ständerat über die Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes. Auch im Zweitrat war Eintreten unbestritten.

In der Detailberatung zeigte sich eine ähnliche Ausgangslage wie in der Erstberatung im Nationalrat: Auf der einen Seite lagen diverse Anträge auf Verschärfungen bei den Disziplinarmassnahmen vor, während auf der anderen Seite linke Minderheitsanträge versuchten, den Schutz von vulnerablen und minderjährigen Asylsuchenden zu verbessern oder Verschärfungen zu verhindern. Im Unterschied zur Beratung im Nationalrat waren letztere jedoch weniger zahlreich und erstere – die ebenfalls anders als im Nationalrat auch durch Kommissionsmehrheiten initiiert wurden – fanden nicht selten eine Mehrheit im Rat. So nahm der Ständerat mit knappen 21 zu 20 Stimmen (ohne Enthaltungen) erstens eine Minderheit Salzmann (svp, BE) an, welche den Einsatz von Waffen im Falle der Anwendung polizeilichen Zwangs oder polizeilicher Massnahmen nicht explizit verbieten wollte. Er tat dies nach einem ausführlichen Votum von SPK-SR-Sprecher Fässler (mitte, AI), der durch die Annahme des Minderheitsantrages dem Parlament Zeit geben wollte, zu klären, inwiefern auch «Reizstoffe, nicht tödlich wirkende Destabilisierungsgeräte sowie Schlag- und Abwehrstöcke» als Waffen gelten oder nicht. Auf Antrag einer hauchdünnen Kommissionsmehrheit (6 zu 5 Stimmen, 1 Enthaltung) beschloss der Ständerat zweitens mit 25 zu 15 Stimmen (1 Enthaltung), dass Asylsuchende als Disziplinarmassnahme nicht mehr bis zu 72 Stunden, sondern bis zu 10 Tage von den allgemein zugänglichen Räumen eines Bundesasylzentrums ausgeschlossen werden dürfen. Drittens entfernte der Ständerat auf Antrag einer weiteren Kommissionsmehrheit (7 zu 5 Stimmen) die bestehende Möglichkeit, bei Zuweisung in ein besonderes Zentrum eine Beschwerde an das BVGer zu stellen, aus dem Entwurf. Wie eine Minderheit Engler (mitte, GR) beantragte auch Bundesrat Jans, diese Beschwerdemöglichkeit an ein unabhängiges Gericht intakt zu lassen. Mit der Streichung dieser Möglichkeit gehe der Ständerat ans «Eingemachte», denn damit entfalle die Rechtsweggarantie, die zum Kern der Rechtsstaatlichkeit gehöre, so Jans. Der Ständerat folgte der Kommissionsmehrheit mit 22 zu 19 Stimmen (ohne Enthaltungen), wobei die Mitglieder der SVP- und FDP-Fraktion sowie beinahe die Hälfte der Mitte-Fraktion und ein SP-Mitglied für den Mehrheitsantrag einstanden.

Weitere Differenzen zum Nationalrat schuf der Ständerat dadurch, dass er bei der Durchsuchung und beim Verhängen von Disziplinarmassnahmen dem «Schutz» anstelle der «Interessen» von minderjährigen Asylsuchenden angemessen Rechnung tragen wollte. Er tat dies auf Antrag seiner Kommission, die das Wort «Schutz» als weniger missverständlich erachtete als das Wort «Interessen». Zudem ergänzte der Ständerat, einer weiteren Kommissionsmehrheit folgend, die nicht abschliessende Aufzählung der Aufgaben des SEM beim Betrieb von BAZ und Unterkünften an den Flughäfen: Indem man die Liste um die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern in Bezug auf ihre Sicherheit ergänzte, sollte gemäss Kommissionsmehrheit die Wichtigkeit dieser Aufgabe betont werden. In der Gesamtabstimmung stellte sich der Ständerat schliesslich einstimmig und ohne Enthaltungen hinter den so abgeänderten Gesetzesentwurf, der somit zur Differenzbereinigung zurück an den Nationalrat ging.

Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes (BRG 24.038)
Dossier: Gewalt in Bundesasylzentren und politische Reaktionen

Nach Vorliegen der Vernehmlassungsergebnisse beschloss die WBK-SR einstimmig bei zwei Enthaltungen, ihren Entwurf zur Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung demjenigen des Nationalrats vorzuziehen. Sie hielt somit an ihrem Grundsatz fest, dass die Kantone die Unterstützung der familienexternen Betreuungskosten mit einer ins Familienzulagengesetz (FamZG) integrierten Betreuungszulage organisieren sollen und dass sich der Bund – im Unterschied zur nationalrätlichen Vorlage – nicht an der Finanzierung der Betreuungskosten beteiligen soll. Gemäss der Kommission sollen die Kantone grundsätzlich die Arbeitgebenden in die Finanzierungspflicht nehmen. Die Kantone könnten jedoch auch beschliessen, dass Arbeitgebende und Arbeitnehmende die Kosten der Betreuungszulage paritätisch zu tragen hätten. Hingegen plante die Kommissionsmehrheit weiterhin eine finanzielle Beteiligung des Bundes im Rahmen der Programmvereinbarungen, womit der Bund einen Beitrag zur Weiterentwicklung der institutionellen familienergänzenden Kinderbetreuung sowie zur Förderung der Politik der frühen Kindheit leisten würde. Die neue Lösung soll das bereits mehrfach verlängerte und im Bundesgesetzes über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung geregelte Impulsprogramm des Bundes ersetzen.

Im Unterschied zur Vernehmlassungsvorlage präzisierte die Kommission in ihrem definitiven Entwurf vom November 2024, dass die Betreuungszulage für Kinder bis zum Ende ihres achten Altersjahres zu entrichten sei, um die gesamte Basisstufe abzudecken. Trotz der leicht erweiterten Bezugsspanne – die Vernehmlassungsvorlage hatte eine Unterstützung bis zum Ende des siebten Altersjahres vorgesehen – rechnete die Kommission im Unterschied zu ihrer Vernehmlassungsvorlage (CHF 637 Mio./Jahr) nunmehr mit etwas geringeren Kosten von CHF 601 Mio. pro Jahr. Grund dafür war, dass in der Vernehmlassung noch davon ausgegangen worden war, dass die Betreuungszulagen auch an in der Schweiz lebende Eltern ausgerichtet werden, wenn diese ihre Kinder im Ausland betreuen lassen, wie dies insbesondere bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern der Fall sein könnte. Der finale Kommissionsentwurf sah jedoch ausschliesslich die Verrichtung von Betreuungszulagen an Familien vor, die ihre Kinder in einer von einem Kanton anerkannten Institution in der Schweiz betreuen lassen. Damit nahm die Kommission gemäss eigenen Aussagen «bewusst einen möglichen Konflikt mit dem Freizügigkeitsrecht in Kauf», ergänzte jedoch, dass die Frage auch innerhalb der EU umstritten sei. Nicht zuletzt beschloss die WBK-SR einstimmig, ihren Entwurf der Kita-Initiative als indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Das Volksbegehren verlangt unter anderem, dass sich der Bund zu zwei Dritteln an den anfallenden familienergänzenden Kinderbetreuungskosten der Eltern beteiligt.

Die Einigkeit, welche die Kommission mit der Verabschiedung des Entwurfs mit 7 zu 1 Stimmen ohne Enthaltung demonstrierte, mag über die Umstrittenheit gewisser Punkte hinwegtäuschen. In der Wintersession 2024 beugte sich der Ständerat über die Vorlage, der neben einem Nichteintretensantrag auch diverse Minderheitsanträge zu substantiellen Punkten der Vorlage zu besprechen hatte. Jakob Stark (svp, TG) begründete seine Minderheit auf Nichteintreten mit der hohen finanziellen Belastung für die Wirtschaft und vertrat mit Verweis auf die Argumentation des Bundes zum 2013 an der Urne gescheiterten Familienartikel die Ansicht, dass eine verfassungsmässige Grundlage zur Verstetigung der finanziellen Unterstützung durch den Bund fehle. Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) widersprach dieser Rechtsauffassung im Falle einer über das FamZG entrichteten Betreuungszulage und wies darauf hin, dass das auf 14 Jahre befristete Instrument der Programmvereinbarungen gemäss herrschender Lehre verfassungsrechtlich vertretbar sei. Der Ständerat beschloss Eintreten mit 27 zu 15 Stimmen (1 Enthaltung). Während sich die Mitglieder der SP, Grünen, GLP und mit vereinzelten Ausnahmen auch diejenigen der Mitte für Eintreten aussprachen, stellten sich die Mitglieder der FDP und SVP jeweils fast geschlossen dagegen.

Am ersten Tag der Detailberatung beschäftigte sich der Ständerat intensiv mit den Programmvereinbarungen. Gemäss Kommissionsmehrheit soll der Bund mit den Programmvereinbarungen an bestimmte Ziele geknüpfte Finanzhilfen zur Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung sowie zur Politik der frühen Förderung gewähren, wobei ihm in einem ersten Schritt Mittel aus einem vierjährigen Verpflichtungskredit in der Höhe von CHF 128 Mio. zur Verfügung stehen würden. Diese Mittel könnte er für die Schliessung von Angebotslücken in der institutionellen Kinderbetreuung für Kinder mit und ohne Behinderungen sowie für die Unterstützung der Kantone im Rahmen der Weiterentwicklung ihrer Politik der frühen Kindheit, etwa zur Förderung der Chancengerechtigkeit, sprechen. Die nationalrätliche Kommission hatte in ihrem Entwurf für denselben Zeitraum einen maximalen Verpflichtungskredit von CHF 224 Mio. vorgesehen. Die Höhe des letzten vierjährigen Verpflichtungskredites des Bundes zur Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen (Februar 2019 bis Januar 2023) belief sich auf CHF 124.5 Mio. Zuvor hatte sich das Parlament zusätzlich für eine fünfjährige Dauer ab Juni 2017 für weitere Finanzhilfen zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung in der Höhe von CHF 96.8 Mio. ausgesprochen. Dem Ständerat lag ein linker Minderheitsantrag von Maya Graf (gp, BL) vor, wonach der Bund finanzielle Beiträge auch für Massnahmen zur Verbesserung der Qualität des Kinderbetreuungsangebots einsetzen kann, wie dies der Nationalrat bereits gefordert hatte. Doch die Gunst des Ständerates stand anders: Nicht nur stellte er sich gegen den Minderheitsantrag Graf, sondern strich auf Anraten einer weiteren Minderheit Stark auch die Unterstützung der Politik der frühen Kindheit. Gegen Schluss der Beratung lag dem Rat eine weitere Minderheit Stark vor, die gänzlich von Programmvereinbarungen absehen wollte und darum beantragte, nicht auf den Bundesbeschluss und den dafür vorgesehenen Verpflichtungskredit einzutreten. Der Minderheitensprecher argumentierte, dass die Hoheit bei den Kantonen liegen sollte, damit diese auf ihre eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Angebote vorschlagen und organisieren können. Diese Argumentation wurde von der zuständigen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider im Plenum gestützt und die Regierung sprach sich für die Minderheit Stark aus. Mit Stichentscheid des Präsidenten Andrea Caroni (fdp, AR) strich der Ständerat die Programmvereinbarungen, indem er nicht auf den Bundesbeschluss, der den entsprechenden Verpflichtungskredit beinhaltete, eintrat. Neben den links-grünen Parteien hatten sich zwei Ständeratsmitglieder der FDP sowie sechs Mitglieder der Mitte, darunter fast ausschliesslich Frauen, vergeblich für die Beibehaltung der Programmvereinbarungen ausgesprochen.

Am zweiten Behandlungstag diskutierte der Ständerat unter anderem über einen Antrag Gmür-Schönenberger (mitte, LU), die sich für eine Mischfinanzierung bei der Betreuungszulage aussprach. Anstelle des von der WBK-SR präferierten Modells einer vollständigen Finanzierung durch die Arbeitgebenden, was gemäss Zusatzbericht der Kommission eine Erhöhung des Beitragssatzes für Arbeitgebende um 0.17 Prozentpunkte bedingen würde, sah dieser Antrag vor, dass der Bund einen Viertel der Kosten der Betreuungszulage, aber maximal CHF 200 Mio. pro Jahr zu übernehmen hätte. Die verbleibenden Kosten sollten durch weitere, von den Kantonen zu bestimmende Beiträge gedeckt werden, wobei der Antrag neben Beiträgen von Arbeitgebenden, Arbeitnehmenden und Selbständigerwerbenden auch explizit Beiträge der Kantone vorsah. Die Minderheitensprecherin begründete ihren Antrag unter anderem damit, dass der Bund sein finanzielles Engagement von den Programmvereinbarungen nun auf die Betreuungszulagen verlagern könne, sowie mit dem Wunsch, der Kita-Initiative einen mehrheitsfähigen und griffigen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Dieser Antrag vermochte jedoch über das links-grüne Lager hinaus nicht ausreichend zu überzeugen, sodass er vom Ständerat mit 24 zu 15 Stimmen abgelehnt wurde. Auch weitere Minderheitsanträge lehnte der Ständerat ab. Darunter befand sich erstens ein Minderheitsantrag Crevoisier Crelier (sp, JU), getragen von Ständerätinnen der SP, Grünen und Mitte, der die Betreuungszulagen für Kinder bis zum Ende des 12. Altersjahres entrichten wollte. Zweitens verlangte eine links-grüne Minderheit Crevoisier Crelier vergeblich, die Betreuungszulage für Kleinkinder unter 18 Monaten zu erhöhen, da die Betreuungskosten für diese in den Institutionen höher ausfielen als diejenigen für ältere Kinder. Schliesslich wurde auch ein Minderheitsantrag Stark deutlich abgelehnt, der auch denjenigen Eltern eine Betreuungszulage – insgesamt in der Höhe der Hälfte der institutionellen Betreuungszulage – gewähren wollte, die ihre Kinder durch Drittpersonen, etwa Grosseltern, betreuen lassen.

Das vom Ständerat präferierte Modell zur Überführung der Anstossfinanzierung des Bundes in eine zeitgemässe Lösung sah demnach zugunsten der kantonalen Eigenständigkeit komplett von einer weiterführenden finanziellen Unterstützung durch den Bund ab. Damit folgte der Rat auch den Empfehlungen der Expertengruppe zur Aufgaben- und Subventionsüberprüfung, die dem Bund im Vorjahr empfohlen hatte, auf Leistungen zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung zu verzichten. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den so abgeänderten Entwurf mit 27 zu 14 Stimmen an. Opponierende Stimmen fanden sich nach wie vor bei Mitgliedern der FDP und der SVP.

Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung (Pa.Iv. 21.403)

Mit 120 zu 60 Stimmen (ohne Enthaltungen) nahm in der Wintersession 2024 auch der Nationalrat eine Motion Würth (mitte, SG) an, die konsequenter gegen Missbräuche beim Schutzstatus S vorgehen wollte. Der Entscheid der grossen Kammer kam wenig überraschend, hatte sie sich mit sehr ähnlichem Stimmverhältnis doch bereits in der Herbstsession für eine identische Motion von Nationalrat Nicolo Paganini (mitte, SG; Mo. 24.3035) ausgesprochen.

Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen (Mo. 24.3022)

Bei der Beratung einer Motion Friedli (svp, SG), die Einschränkungen bei der Vergabe des Schutzstatus S forderte, sah sich der Nationalrat gleich mit drei Anträgen aus der Kommission konfrontiert. Die mit Stichentscheid der Kommissionspräsidentin Gysin (gp, TI) zustande gekommene Kommissionsmehrheit forderte im Unterschied zum Ständerat die gesamthafte Ablehnung der Motion. Eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) wollte die Motion teilweise annehmen und [nur?] dem Punkt zustimmen, der die Vergabe des Schutzstatus S auf Personen aus den durch Russland besetzten Gebieten oder Personen aus Gebieten mit «mehr oder weniger intensive[n] Kampfhandlungen» beschränken wollte. Eine Minderheit Schmid (svp, TG) forderte schliesslich analog zum ständerätlichen Entscheid die Annahme aller drei Punkte der Motion, womit unter anderem auch bereits gewährte Schutzstatus S für Personen aus Gebieten ohne aktive Kampfhandlungen und ohne russische Besetzung aufgehoben würden. Mit 96 zu 87 Stimmen (5 Enthaltungen) setzte sich im Rat schliesslich die Minderheit Schilliger durch. Im Unterschied zur Minderheit Schmid erfuhr diese neben der SVP-Fraktion auch Unterstützung durch die FDP-Fraktion sowie durch sieben Mitglieder der Mitte-Fraktion.

Schutzstatus S auf wirklich Schutzbedürftige beschränken (Mo. 24.3378)
Dossier: Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine

Indem sie einer parlamentarischen Initiative Amaudruz (svp, GE) keine Folge gab, bestärkte die RK-NR im November 2024 ihren vor zweieinhalb Jahren gefällten Bescheid bei der Beratung einer identischen parlamentarischen Initiative derselben Urheberin (Pa.Iv. 21.488). Die Initiativen verlangten eine Verschärfung des Strafmasses bei Körperverletzungen gegen Frauen. Die Kommission fällte ihren jüngsten Entscheid mit 16 zu 6 Stimmen (3 Enthaltungen). Sie begründete diesen erneut damit, dass sie das Strafmass nicht vom Geschlecht des Opfers abhängig machen wolle, da dies eine «grundrechts- und verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Opfern im Strafgesetzbuch» einführen würde. Die Initiantin hatte ihre zweite Initiative insbesondere mit einer Formulierung zu einem in der Zwischenzeit gefällten Bundesgerichtsurteil begründet, die vermuten liess, dass sich eine «relativ kurze» Dauer einer Vergewaltigung strafmildernd auswirken könne. Vor der Beratung in der Kommission hatte das Bundesgericht seine eigene Formulierung indes als unangemessen kritisiert und in einem weiteren Urteil klargestellt, dass sich eine kurze Dauer einer Vergewaltigung nie zu Gunsten des Täters auswirken darf.

Gewalt gegen Frauen. Denken wir zuerst an die Opfer (Pa.Iv. 23.480)

Mitte Oktober 2024 veröffentlichte die WBK-SR den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung zum von ihr erarbeiteten Alternativmodell zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung. Im Unterschied zum ersten, von der WBK-NR in Erfüllung einer eigenen parlamentarischen Initiative ausgearbeiteten Entwurf, der vom Bund eine Kostenbeteiligung an den familienexternen Kinderbetreuungskosten der Eltern forderte, sah das Alternativmodell die Einführung einer Betreuungszulage im Rahmen des Familienzulagengesetzes vor. Die Betreuungszulage würde somit über Beiträge der Arbeitgebenden und allenfalls auch der Arbeitnehmenden finanziert. Mit Ausnahme der Förderbeiträge für die Programmvereinbarungen wären die Ausgaben für den Bund somit haushaltsneutral. Im Unterschied zum Entwurf der WBK-NR verzichtete die WBK-SR in ihrem Entwurf zudem darauf, Massnahmen zur Verbesserung der Qualität der externen Kinderbetreuung in die Programmvereinbarungen aufzunehmen, da solche Massnahmen vorderhand in die Kompetenz der Kantone und Gemeinden fielen.
In der Vernehmlassung zum Alternativmodell äusserten sich neben 25 Kantonen und elf Parteien auch 20 Wirtschaftsverbände, über 50 Organisationen im Bereich der Kinderbetreuung und weitere interessierte Kreise, darunter insbesondere Frauen-, Kinder- und Familienorganisationen sowie Organisationen für Menschen mit Behinderungen. Der Ergebnisbericht zeigte ein deutlich gemischteres Bild der Reaktionen im Vergleich zum ersten, von der WBK-NR erarbeiteten Vernehmlassungsentwurf, welcher auf überwiegende Zustimmung gestossen war.

Von den Parteien stellten sich die EVP, die GLP sowie die Mitte (inklusive Mitte Frauen und Junge Mitte) im Grunde hinter den Entwurf, lehnten teilweise aber die vorgeschlagene Finanzierung ab. Die FDP und die SVP lehnten die Erarbeitung einer Vorlage zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Grundsatz ab – so auch den neuen Entwurf – während sich die FDP-Frauen, die Grünen, die SP und die SP Frauen explizit gegen das nun präsentierte Modell stellten, dem ursprünglichen Modell jedoch positiv gegenüberstanden. Trotz ihrer Unterstützung der Vorlage forderten die GLP und die Mitte Frauen ebenfalls eine Rückkehr zu einer Finanzierung durch den Bund. Während die GLP eine reine Bundesfinanzierung bevorzugte, sprach sich die Mitte für eine gemischte Finanzierung durch Arbeitnehmende, Arbeitgebende und die Kantone aus, während sich die SP und die SP Frauen gegenüber einer paritätischen Finanzierung durch Arbeitgebende und den Bund offen zeigten. Nicht zuletzt forderten die Grünen, die SP (inklusive Frauen) sowie die Mitte Frauen, den Geltungsbereich nicht auf Kinder bis zum Ende des 7. Lebensjahres zu beschränken, sondern bis zur Vollendung des 12. Jahres auszudehnen, da auch im Primarschulalter noch Betreuungsbedarf für die Kinder bestehe. Diese Forderung wurde auch von einem Grossteil der Interessenorganisationen eingebracht. Die Beschränkung der Betreuungszulage auf die institutionelle Betreuung hingegen wurde abgesehen von der SVP von den Parteien entweder nicht kommentiert oder gar explizit begrüsst.

Von den 25 Kantonen stellten sich deren 12 im Grunde hinter den von der zuständigen Kommission der Kantonskammer ausgearbeiteten Entwurf. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden stand der Vorlage als dreizehnter Kanton zwar ebenfalls positiv gegenüber, betonte jedoch, dass demjenigen Modell Vorrang gegeben werden sollte, das politisch mehrheitsfähiger sei und dem Sinne der zugrunde liegenden parlamentarischen Initiative besser entspreche. Die verbleibenden 12 stellungnehmenden Kantone stellten sich gegen den neuen Entwurf, teilweise da sie das erste Modell bevorzugten. Das Modell mit Bundesbeteiligung hatten in der ersten Vernehmlassung zum Geschäft 23 von 26 stellungnehmende Kantonen unterstützt. Auch unter denjenigen Kantonen, die sich explizit zur Finanzierungsfrage äusserten, stellte sich lediglich eine Minderheit hinter die vorgeschlagene Finanzierung über die Arbeitgebendenbeiträge (BS, GL, NW, SH und ZH). Weitere sieben Kantone präferierten eine Mischfinanzierung durch zusätzliche Bundesbeteiligung und forderten in einzelnen Fällen auch dazu auf, die Arbeitnehmenden in die Pflicht zu nehmen. Sechs weitere Kantone sahen ausschliesslich den Bund in der Finanzierungspflicht (AG, GE, NE, SO, TI und VD). Mehrheitlich positiv äusserten sich die Kantone hingegen zur Möglichkeit, die Betreuungszulage über die Familienausgleichskassen zu entrichten; der mutmassliche administrative Aufwand wurde als vertretbar eingeschätzt.

Unter den Wirtschaftsverbänden fand sich kaum Unterstützung für das vorgelegte Alternativmodell, das in erster Linie durch deren Mitglieder finanziert würde. Eine solche Finanzierung wurde von Arbeitgebendenverbänden klar abgelehnt, so auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband, der die Vorlage ansonsten im Grunde unterstützte. Zehn Wirtschaftsverbände, darunter economiesuisse, lehnten die Vorlage grundsätzlich ab. Nicht zuletzt brachten einige dieser Akteure vor, dass sie die Kantone und Gemeinden in der Finanzierungspflicht sehen. Acht weitere Verbände, unter anderem der SGV, SGB, Travail.Suisse und Gastro.Suisse, betonten, dass sie einem anderen Modell als dem nun vorgelegten zustimmen würden, wobei sie sich teilweise auf die nationalrätliche Vorlage bezogen.

Obwohl auch die Mehrheit der Organisationen und interessierten Kreise die Vorlage grundsätzlich unterstützte, zeigten sich nur wenige mit der vorgeschlagenen Finanzierung einverstanden. Während sich etwa Alliance Enfance, Kinderschutz Schweiz und Pro Juventute für eine alleinige Finanzierung durch den Bund aussprachen, befürworteten unter anderem kibesuisse und verschiedene eidgenössische Kommissionen (EKFF, EKF, EKKJ) eine geteilte Finanzierung zwischen Arbeitgebenden und Bund. Die EKFF stellte sich zudem explizit gegen eine Mitfinanzierung durch die Arbeitnehmenden. Auch erachteten viele Interessenorganisationen, aber auch die SP, die Mitte Frauen und der SGB, die vorgeschlagene Höhe der Zulage als zu tief – der Entwurf der WBK-SR sah einen Mindestbetrag der monatlichen Zulage von CHF 100 pro Kind und Betreuungstag vor. Zudem forderten weitgehend dieselben Kreise eine starke Erhöhung der Betreuungszulage für Kinder mit Behinderungen, wobei nicht selten auch eine einkommensabhängige und an den tatsächlichen Betreuungskosten orientierte finanzielle Unterstützung gefordert wurde.

Die Interessenorganisationen begrüssten ebenso wie die Mehrheit der restlichen Vernehmlassungsteilnehmenden die drei mit Programmvereinbarungen unterstützten Förderbereiche, wovon diejenigen zur frühen Förderung von Kindern und zur Schaffung zusätzlicher institutioneller Betreuungsplätze bereits bestehen und derjenige zur Schaffung von Plätzen für Kinder mit Behinderungen neu eingeführt werden soll. Darüber hinaus forderten sie, ebenso wie elf Kantone und verschiedene Parteien (Grüne, SP, EVP, Mitte Frauen), die Wiederaufnahme des Förderbereichs Qualität. Dabei vertraten die Interessenorganisationen die Position, dass nur qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsangebote in Anspruch genommen würden und sich somit nur diese positiv auf die Erwerbstätigkeit von Eltern auswirken können. Nicht zuletzt forderte die Mehrheit der Organisationen und interessierten Kreise zusätzliche Mittel für die Programmvereinbarungen, wobei sie Sukkurs erhielten von der SP, den Mitte Frauen, den Grünen, dem SGB und einigen Kantonen (AR, BL, BS, FR, OW, SO, TI, VD).

Nach Vorliegen der Vernehmlassungsergebnisse machte sich die WBK-SR daran, ihren Entwurf zu finalisieren, um ihn daraufhin ihrem Rat zur Beratung vorzulegen.

Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung (Pa.Iv. 21.403)

In der Herbstsession 2024 konnte das Parlament die Vorlage zur Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis maximal Ende des Jahres 2026 verabschieden. Auch im Nationalrat hatte es Widerstand in den Reihen der SVP und der FDP gegen die Verlängerung gegeben; einen entsprechenden Nichteintretensantrag um Stefanie Heimgartner (svp, AG) lehnte die grosse Kammer jedoch mit 108 zu 77 Stimmen (7 Enthaltungen) ab. Der Nationalrat zeigte sich mit dem ständerätlichen Entwurf einverstanden und nach Ausmerzen einer kleinen formalen Änderung verabschiedete der Ständerat den Entwurf in der Schlussabstimmung mit 29 zu 12 Stimmen (1 Enthaltung) und der Nationalrat mit 113 zu 79 Stimmen (3 Enthaltungen).

Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2026 (Pa.Iv. 23.478)
Dossier: Finanzhilfen zur Förderung familienergänzender Kinderbetreuung

In der Herbstsession 2024 stimmte auch der Ständerat der vom Nationalrat abgeänderten Motion Minder (parteilos, SH) zu, die in ihrer neuen Fassung vorsieht, eine für Migrationsfragen zuständige Vertretung des SEM in die Region zu entsenden, um Verhandlungen über ein Migrationsabkommen oder eine Migrationspartnerschaft mit Eritrea aufzunehmen. Der Ständerat stellte sich auf Antrag seiner einstimmigen Kommission stillschweigend hinter die entsprechend geänderte Motion.

Migrationsabkommen mit Eritrea anstreben (Mo. 23.4038)

In der von der SVP-Fraktion verlangten ausserordentlichen Session «Asyl» nahm der Nationalrat im September 2024 eine Motion von Corina Gredig (glp, ZH) an, welche die Erwerbsanreize und Perspektiven für Personen mit Schutzstatus S verbessern wollte. In seiner Stellungnahme zum Vorstoss hatte der Bundesrat hervorgehoben, dass auch er eine Erhöhung der Erwerbsquote innerhalb dieser Personengruppe sowie für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene anstrebe, dass er die entsprechenden Massnahmen dazu jedoch bereits im Mai 2024 in die Wege geleitet habe. Darüber hinaus werde im Rahmen der laufenden Arbeiten der Evaluationsgruppe zum Schutzstatus S geprüft, ob eine Ausreisefrist nach Aufhebung des Schutzstatus die Erwerbsbeteiligung erhöhen könnte, da eine solche Planungssicherheit sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende mit sich bringen würde. Aus diesen Gründen hatte der Bundesrat die Motion als überflüssig erachtet und zur Ablehnung beantragt. Der Nationalrat fällte sein Verdikt zugunsten der Motion mit 125 zu 67 Stimmen bei einer Enthaltung. Gegen Annahme stellten sich die geschlossen stimmende SVP-Fraktion sowie zwei Mitglieder der FDP-Fraktion.

Erwerbsanreize und Perspektiven für Personen mit Schutzstatus S schaffen (Mo. 24.3456)

In der Herbstsession 2024 stellte sich der Nationalrat mehrheitlich hinter eine Motion der SVP-Fraktion, welche er im Vorjahr in Form einer anderen, beinahe gleichlautenden Motion noch deutlich abgelehnt hatte (Mo. 21.3492). Um Sans-Papiers den Aufenthalt in der Schweiz zu erschweren, verlangte der Vorstoss, dass insbesondere Sozialversicherungen und Krankenkassen verpflichtet werden sollen, die Daten von Sans-Papiers mit den Kantonen und Gemeinden auszutauschen. Während die SVP in der Frühjahrssession 2021 noch auf keinerlei Unterstützung ausserhalb ihrer Fraktion zählen konnte – die Motion war mit 133 zu 54 Stimmen (keine Enthaltungen) abgelehnt worden – stiess sie im zweiten Anlauf bei allen Mitgliedern der FDP und der Mitte auf Unterstützung. Der Nationalrat nahm die aktuelle Motion im Rahmen einer von der SVP verlangten ausserordentlichen Session «Asyl» mit 119 zu 71 Stimmen (1 Enthaltung) an. Die beiden EVP-Mitglieder stimmten zusammen mit den Mitgliedern der SP, Grünen und GLP (1 Enthaltung) für Ablehnung der Motion. Der Bundesrat hatte sich in seiner Stellungnahme ebenfalls erneut gegen die Motion gestellt. Er erachte die Massnahme nach wie vor nicht als zweckdienlich und stützte sich dabei auch auf einen kürzlich erstellten Postulatsbericht. Der Bundesrat ging davon aus, dass Sans-Papiers aus Angst, von den Behörden entdeckt zu werden, keine Krankenversicherung mehr abschliessen würden. Folglich hätten dann die für die Nothilfe zuständigen Kantone und Gemeinden die anfallenden Gesundheitskosten zu tragen.
Dem Ständerat lag in der Herbstsession 2024 dasselbe Anliegen in Form einer Motion Salzmann (svp, BE; Mo. 24.3498) vor. Dabei stimmte die kleine Kammer einem Ordnungsantrag Zopfi (gp, GL) zu und überwies das Anliegen an die Kommission zur Vorberatung.

Datenaustausch bei irregulären Migranten systematisieren (Mo. 24.3059)

Im Rahmen einer von der SVP-Fraktion einberufenen ausserordentlichen Session «Asyl» nahm der Nationalrat mit 105 zu 74 Stimmen (9 Enthaltungen) eine Motion der SVP-Fraktion an, welche den Familiennachzug vorläufig aufgenommenen Personen verwehren wollte. Neben der SVP-Fraktion stimmten beinahe alle Mitglieder der FDP-Fraktion sowie die Mitte-Vertretenden grossmehrheitlich für eine Annahme der Motion. Der Ständerat, der sich während ebendieser Session über eine gleichlautende Motion Friedli (svp, SG) beugte (Mo. 24.3511), fasste indes keinen Entschluss: Er wies das Anliegen zusammen mit anderen Motionen zum Thema Asyl (Mo. 24.3498; Mo. 24.3515; Mo. 24.3516) seiner Kommission zur Vorberatung zu, damit sich diese vertieft mit der Thematik auseinandersetzen kann. Der Bundesrat stand dem Anliegen ablehnend gegenüber. In seiner Stellungnahme wies er unter anderem darauf hin, dass die Verweigerung des Rechts auf Familiennachzug dem Recht auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 13 Abs. 1 der Bundesverfassung zuwiderlaufen würde.

Kein Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene (Mo. 24.3057)

Wie der Ständerat in der Sommersession 2024 (Mo. 24.3022) nahm auch der Nationalrat in der anschliessenden Herbstsession im Rahmen einer ausserordentlichen Session «Asyl» eine Motion an, welche Anpassungen zum Erhalt der Akzeptanz des Schutzstatus S fordert. Konkret solle der Status S aberkannt werden, wenn eine Person für länger als 14 Tage aus der Schweiz ausreist, wenn Rückkehrhilfen bezogen worden waren oder wenn ein Missbrauch des Schutzstatus vorliegt. Der Nationalrat stimmte dieser Motion Paganini (mitte, SG) mit 131 zu 62 Stimmen (keine Enthaltungen) zu, wobei sich die Fraktionen der SP und der Grünen dagegen stellten. Der Bundesrat hatte ebenfalls die Ablehnung der Motionen beantragt, da er deren Anliegen bereits als erfüllt erachtete.

Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen (Mo. 24.3035)
Dossier: Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine

«Die Schweiz braucht eine Taskforce Asyl», forderte Jacqueline de Quattro (fdp, VD) mittels Motion im Juni 2023. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Vorstosses, da der Bund seiner Ansicht nach die aktuelle Situation und die damit einhergehenden Herausforderungen im Asylbereich bereits angemessen untersuche. In seiner schriftlichen Stellungnahme verwies er dabei auf die Evaluation der beschleunigten Asylverfahren, die Einsetzung des Sonderstabes Asyl (SONAS) zu Beginn des Ukraine-Krieges, die bereits in Auftrag gegebene Evaluation der Schwankungstauglichkeit der neuen Bundesasylzentren sowie auf seine unterstützende Haltung zu einer umfassenden Kapazitätsplanung im Asylbereich. Anders sah dies der Nationalrat: In der Herbstsession 2024 hiess er die Motion im Rahmen einer ausserordentlichen Session Asyl mit 104 zu 86 Stimmen (2 Enthaltungen) gut. Ebenso wie der Bundesrat für Ablehnung stimmten die Fraktionen der SP und der Grünen sowie beinahe die gesamte Mitte-Fraktion.

Die Schweiz braucht eine Taskforce «Asyl» (Mo. 23.3886)

In der Herbstsession 2024 beugte sich der Nationalrat als Erstrat über die Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes. Eintreten war unbestritten. Während die Kommissionsmehrheit in der Detailberatung lediglich eine massgebliche Änderungen zur Vorlage des Bundesrates beantragte, brachten sowohl die SVP auf der einen als auch die SP und die Grünen – teilweise unterstützt durch die EVP – auf der anderen Seite etliche Minderheitsanträge vor.

Wie Kommissionssprecher Schilliger (fdp, LU) zu Beginn der Debatte bemerkte, hielten beide Seiten die Vorlage für unausgewogen; «die einen zu sehr zugunsten der Asylsuchenden, [...] die anderen zu sehr zu deren Ungunsten». Während linke Minderheiten minderjährige Asylsuchende besser schützen wollten, indem sie Disziplinarmassnahmen (Minderheit II Klopfenstein Broggini; gp, GE) sowie die vorübergehende Festhaltung (Minderheit I Jost; evp, BE) nur bei Volljährigen und die Durchsuchung von Minderjährigen nur auf konkreten Verdacht hin (Minderheit II Klopfenstein Broggini) zulassen wollten, beantragten rechte Minderheiten die Streichung der im bundesrätlichen Entwurf vorgesehenen Bestimmungen, wonach bei diesen Massnahmen den Interessen minderjähriger Asylsuchender angemessen Rechnung zu tragen sei: Eine Minderheit II Schmid Pascal (svp, TG) bei Festhaltung sowie zwei Minderheiten I Riner (svp, AG) bei Disziplinarmassnahmen und Durchsuchung. Auch bei der Frage, inwiefern Waffen eingesetzt werden sollen, gingen die Meinungen auseinander. Die Botschaft des Bundesrates sah vor, bei polizeilichem Zwang und polizeilichen Massnahmen auf den Einsatz von Waffen zu verzichten. Während eine linke Minderheit I Schläfli (sp, TG) auch den Einsatz von Hilfsmitteln (z.B. Pfeffersprays) verbieten wollte, pochte eine Minderheit II Fischer (svp, ZH) auf die Möglichkeit des Waffeneinsatzes. Die Meinungen gingen auch über die Beschwerdemöglichkeiten bei Disziplinarmassnahmen auseinander. Eine linke Minderheit II Tschopp (sp, VD) verlangte anstelle der vom Bundesrat vorgesehenen dreitägigen Frist ein dreissigtägiges Fenster zur Einreichung einer Beschwerde gegen die Anordnung einer Disziplinarmassnahme. Auf der anderen Seite empfanden zwei Minderheiten Schmid Pascal eine eintägige Frist als ausreichend und wollten den Entscheid der Beschwerdeinstanz für endgültig erklären. Gemäss diesen Minderheiten sollte für die Massnahme der Zuweisung in ein besonderes Zentrum dasselbe Beschwerdefenster und derselbe Beschwerdeweg gelten wie für die restlichen Disziplinarmassnahmen. Asylsuchende können als Disziplinarmassnahme für einen bestimmten Zeitraum in ein besonderes Zentrum verlegt werden, wenn sie den ordentlichen Betrieb eines Bundesasylzentrums gestört haben. In einem besonderen Zentrum wird die Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden durch strengere Ausgangsregeln und verstärkte Sicherheitsvorkehrungen stärker eingeschränkt als in den BAZ. Der Bundesrat und die Kommissionsmehrheit wollten hier den bisherigen Weg über eine Zwischenverfügung beschreiten und basierend auf einem BVGer-Urteil aus dem Jahr 2020 eine 30-tägige Beschwerdefrist nach Anordnung der Massnahme vorsehen.
Darüber hinaus beantragte die Ratsrechte weitere Verschärfungen; so wollte sie die maximale Dauer des Ausschlusses von den öffentlich zugänglichen Räumen der BAZ von 72 Stunden auf 10 Tage (Minderheit Knutti; svp, BE) sowie diejenige zur vorübergehenden Festhaltung zur Abwendung unmittelbarer Gefahr von 2 auf 6 Stunden (Minderheit Glarner; svp AG) anheben. Nicht zuletzt sollte die vorübergehende Festhaltung auch möglich werden, ohne dass die von der Person ausgehende Gefahr «ernsthaft» ist (Minderheit II Steinemann; svp, ZH). Auf der gegenüberliegenden Seite versuchte ein weiterer Minderheitsantrag Klopfenstein Broggini, im Entwurf auch für die Aufgabenübertragung an Dritte in den Bereichen Unterbringung und Betreuung spezifische Anforderungen hinsichtlich Rekrutierung, Ausbildung und Kontrolle des Personals einzuführen und eine Minderheit Glättli (gp, ZH) wollte sicherstellen, dass die Qualitätskontrollen bei der Aufgabenübertragung an Dritte unabhängig erfolgen. So zahlreich diese Minderheitsanträge auch waren, so chancenlos blieben sie im Rat: Mit einer Ausnahme fanden sie keine Zustimmung über die Fraktionen der SVP, respektive über die Fraktionen der SP und der Grünen hinaus.

Als einzige Ausnahme erfolgreich entpuppte sich eine Minderheit Rutz (svp, ZH). Diese wollte festhalten, dass Mitarbeitende des SEM in den Zentren des Bundes und in den Unterkünften an den Flughäfen zu Sicherheitszwecken auch elektronische Geräte durchsuchen dürfen. Bundesrat Jans hatte sich ablehnend gegen diese Forderung gestellt, da er diese als zu ungenau erachtete und einen Konflikt mit den in der Verfassung festgehaltenen Grundrechten ortete. Zudem verwies er auf eine kürzlich verabschiedete Änderung des Asylgesetzes, welche die Überprüfung von Mobiltelefonen in gewissen, klar definierten Fällen bereits erlaube. Hinter den Antrag Rutz stellten sich neben der SVP-Fraktion auch die geschlossene FDP-Fraktion sowie beinahe die gesamte Mitte-EVP-Fraktion, womit der Nationalrat dem Antrag mit 117 zu 72 Stimmen (keine Enthaltungen) zustimmte.
Eine weitere Änderung der bundesrätlichen Vorlage beschloss der grosse Rat durch die Annahme eines Antrags der Kommissionsmehrheit, womit er mit Unterstützung der geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP, FDP, Mitte-EVP und GLP den räumlichen Anwendungsbereich der Disziplinarmassnahmen ausweitete: Nicht nur sollen Disziplinarmassnahmen bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in BAZ und deren unmittelbarer Nähe ergriffen werden können, sondern auch, wenn die Gefährdung «in der Umgebung» des Bundesasylzentrums stattfand. Auch gegen diesen Antrag hatte sich der Bundesrat gesträubt, da der Kompetenzbereich im weiteren Umkreis des Bundesasylzentrums in die Zuständigkeit der Kantone fällt.

Die abgeänderte Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 104 zu 87 Stimmen (keine Enthaltungen). Die ablehnenden Stimmen stammten aus den geschlossen dagegen votierenden Fraktionen der SVP und der Grünen, denen die Vorlage nach Ende der Detailberatung offensichtlich nach wie vor zu unausgewogen war.

Änderung des Asylgesetzes betreffend Sicherheit und Betrieb in den Zentren des Bundes (BRG 24.038)
Dossier: Gewalt in Bundesasylzentren und politische Reaktionen

Nachdem die FK-NR festgestellt hatte, dass der Bundesrat bereits heute Massnahmen für Kostenbremsen im Asylbereich trifft und «insofern [...] die Annahme der Motion die bestehende Praxis nicht ändern [würde]», beantragte sie ihrem Rat mit 15 zu 1 Stimmen (4 Enthaltungen), die entsprechende Motion ihrer Schwesterkommission anzunehmen. Der Nationalrat folgte dieser Empfehlung in der Herbstsession 2024 und überwies den Vorstoss diskussionslos und stillschweigend an den Bundesrat.

Kostenbremsen im Asylwesen (Mo. 23.4351)

In Erfüllung einer Motion Bulliard-Marbach (mitte, FR) präsentierte der Bundesrat im September 2024 seine Botschaft zur Änderung des Zivilgesetzbuches zur Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung. Darin griff er den bereits zwei Jahre zuvor in Erfüllung eines Postulats Bulliard-Marbach skizzierten Weg auf und schlug vor, im ZGB den Grundsatz der gewaltfreien Erziehung als programmatische Norm festzuschreiben. Diese Norm soll Leitbildcharakter haben, aber keinen neuen Rechtsanspruch des Kindes auf gewaltfreie Erziehung begründen. Konkret sollen die Bestimmungen zur elterlichen Erziehung im Artikel 302 ZGB durch ein Verbot von Körperstrafen und die Ausübung anderer erniedrigender Handlungen erweitert werden. Zudem sollen niederschwellige Hilfs- und Beratungsangebote für Eltern und Kinder ausgebaut werden.

Im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorentwurf waren 77 Stellungnahmen (26 Kantone, 7 Parteien, 44 Organisationen und Weitere) eingegangen, die den Entwurf mehrheitlich begrüssten. Als einzige Vernehmlassungsteilnehmende lehnte die SVP den Entwurf vollumfänglich ab, da sie die Schaffung einer Norm mit Leitbildcharakter als nicht notwendig erachtete. Auf der anderen Seite begrüssten die Parteien die Mitte, FDP, GLP und die Grünen sowie 11 Kantone und 2 Organisationen den Entwurf vollumfänglich. Auch wenn sie die grundsätzliche Stossrichtung unterstützten, hatten viele Vernehmlassungsteilnehmende Änderungen am Entwurf gefordert. So verlangten unter anderem die SP, die EVP, sechs Kantone (BL, GE, OW, SO, TI, VD), die EKKJ, die SODK, die Vereinigung der Kinderärzt:innen (pädiatrie schweiz) und diverse Kinderrechts- und -schutzorganisationen die explizite Verankerung eines Rechts des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung oder zumindest dessen Erwähnung in der Botschaft zur Gesetzesvorlage. Besagte Organisationen sowie etwa die SODK, die EKFF, die EKKJ und zwei Kantone (FR, JU) bemängelten zudem die im Vorentwurf enthaltene Formulierung von «anderen Formen entwürdigender Gewalt» – gewisse Gewaltformen würden so nicht als entwürdigend und somit vermeintlich als erlaubt angesehen. Um Klarheit zu schaffen, sei der Bundesrat angehalten, in seiner Botschaft auszuführen, was genau unter gewaltfreier Erziehung gemeint sei. Diese Forderung wurde neben den genannten Organisationen auch von der SP, sechs Kantonen (BS, GR, LU, SH, VD, ZH) und den Universitäten Lausanne und Genf sowie von pädiatrie schweiz unterstützt. Auch psychische (SP; BS, GR, SH, VD, ZH sowie 20 Organisationen/Interessierte) und sexuelle Gewalt (12 Organisationen) oder das Miterleben von Gewalt (insieme Schweiz; pädiatrie schweiz) sollten nach deren Willen namentlich aufgeführt werden.

Als Reaktion auf die Vernehmlassungsergebnisse ersetzte der Bundesrat in seiner Botschaft den Begriff «entwürdigende Gewalt» durch «andere Formen erniedrigender Behandlung», um einen Auffangtatbestand zu schaffen. Auf die explizite Nennung des Verbots von psychischer Gewalt verzichtete der Bundesrat nach wie vor, stellte in seiner Botschaft jedoch klar, dass diese sowohl unter das generelle Gewaltverbot als auch unter die anderen Formen erniedrigender Behandlung fallen könne. Einer expliziten Verankerung des Rechts des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung stand der Bundesrat ablehnend gegenüber und verwies auf seine Ausführungen im eingangs erwähnten Postulatsbericht. Auch bezüglich der Beratungsangebote blieb der Bundesrat bei seiner ursprünglichen Fassung. Er stellte in seiner Botschaft jedoch klar, dass diese Formulierung umfassend zu verstehen und somit eine breite Form von fachgerechter Unterstützung mitgemeint sei. In der Vernehmlassung hatten verschiedene Teilnehmende gefordert, dass die entsprechende Formulierung zu den Hilfs- und Beratungsangeboten ausgeweitet werden sollte.

Änderung des Zivilgesetzbuches (Gewaltfreie Erziehung; BRG 24.077)
Dossier: Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch

Nachdem der Ständerat bereits in der Sommersession 2024 ein Postulat Friedli (svp, SG) überwiesen hatte, das den Bundesrat dazu auffordert, die Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende zu prüfen, bestärkte der Nationalrat diesen Entscheid in der darauffolgenden Herbstsession durch Annahme eines ähnlichen Postulats der SPK-NR. Insbesondere fordert der Kommissionsvorstoss das Aufzeigen von Möglichkeiten zur Unterstützung der Kantone bei der Einführung von Bezahlkarten. Eine Minderheit Klopfenstein Broggini (gp, GE) beantragte ebenso wie der Bundesrat die Ablehnung des Postulats, unterlag im Rat jedoch mit 128 zu 59 Stimmen (5 Enthaltungen).

Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende (Po. 24.3478)