In der Herbstsession 2024 diskutierte die grosse Kammer auf Antrag einer Mehrheit der APK-NR darüber, ob der Nationalrat eine Erklärung über die Anerkennung des Holodomor als einen Akt des Völkermords abgeben soll. In der Erklärung bezeichnet und anerkennt der Nationalrat die systematischen Handlungen in den 1930er Jahren, welche zum absichtlich herbeigeführten Hungertod von rund vier Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, rund 2 Millionen Kasachinnen und Kasachen, sowie mehreren hunderttausend Russinnen und Russen geführt haben, als einen Akt des Völkermords. Zudem will der Nationalrat diesen Opfern gedenken.
Die APK-NR-Mitglieder Christine Badertscher (gp, BE) und Laurent Wehrli (fdp, VD) informierten das Plenum über den Hintergrund der Erklärung: In einem im Dezember 2022 eingereichten Postulat 22.4326 hatte Nathalie Imboden (gp, BE) gefordert, den Holodomor als Völkermord anzuerkennen. Die APK-NR sei bei der Beratung des Postulats zum Schluss gekommen, dass dieses Anliegen am sinnvollsten im Rahmen einer Erklärung des Nationalrates und nicht als Postulat umgesetzt werden könne. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass «die Anerkennung der rechtlichen Einstufung eines Völkermords ein gerichtlicher und kein politischer Akt» sei.
Eine Minderheit um Monika Rüegger (svp, OW) sprach sich gegen die Erklärung aus. Rüegger kritisierte, dass die Beurteilung eines solchen Ereignisses nicht den einzelnen Staaten obliege, sondern den zuständigen internationalen Gerichten. Zudem verspiele die Schweiz damit ihre Chance, als neutraler Staat rivalisierende Länder an den Verhandlungstisch zu bringen. Denn mit dieser Erklärung würden Vergleiche zum aktuellen Krieg in der Ukraine gezogen und die Schweiz lasse sich damit «unnötig instrumentalisieren».
In der Abstimmung votierte der Nationalrat mit 123 zu 58 Stimmen bei 7 Enthaltungen für die Abgabe der Erklärung. Die Gegenstimmen stammen allesamt von der fast geschlossen stimmenden SVP-Fraktion.