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Im Februar 2025 nahm der Bundesrat Stellung zum Entwurf der RK-SR zur Verankerung der Unverjährbarkeit von Mord im StGB und im MStG. Obwohl er die Eingrenzung der Unverjährbarkeit ausschliesslich auf Mord begrüsste, lehnte der Bundesrat den Entwurf dennoch ab. Die Regierung schloss sich dabei den Argumenten der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden an, wonach dadurch zu hohe Erwartungen bei Opferangehörigen geweckt würden, der technologische Fortschritt heute Delikte schneller aufklären liesse und der Verjährung eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung des gesamtgesellschaftlichen Rechtsfriedens zukomme. Die Regierung kritisierte den Entscheid der ständerätlichen Rechtskommission, den Entwurf dem Ständerat nach der Vernehmlassung unverändert zu unterbreiten, obwohl mehrfach eine vertiefte Prüfung der grossen Differenzen zwischen den Verjährungsfristen von Mord, vorsätzlicher Tötung und Totschlag angeregt worden war. Der Bundesrat schlug daher vor, die 15-jährige Frist zur Verfolgungsverjährung von Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren sanktioniert würden, im Sinne der Vernehmlassungseingaben zu prüfen.

Die RK-SR nahm die Stellungnahme des Bundesrats zur Kenntnis, entschied aber mit 6 zu 3 Stimmen (2 Enthaltungen), den Entwurf weiterhin unverändert dem Ständerat zu unterbreiten.

Pas de prescription pour les crimes les plus graves (Iv. ct. 19.300)

Im Dezember 2024 behandelte der Nationalrat als Erstrat die Vorlage zum Flugpassagierdatengesetz (FPG). Damit sollen in der Schweiz neu die Daten von Flugpassagierinnen und -passagieren, welche von den Fluggesellschaften bei der Buchung von Flügen erfasst werden, zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus genutzt werden dürfen.
Wie von der SiK-NR beantragt, trat die Volkskammer auf die Vorlage ein; sie tat dies einstimmig. Bei der anschliessenden Detailberatung übernahm der Nationalrat mehrere Präzisierungsvorschläge seiner Rechtskommission, unter anderem eine Vereinfachung der Datenweitergabe für Fluggesellschaften an Staaten mit entsprechenden Sicherheitsgarantien oder eine Fristsetzung für Bundesgerichtsentscheide bei missbräuchlicher Datenverwendung durch den Bund. Justizminister Beat Jans begrüsste die Änderungen der Kommission und wies darauf hin, dass die Vorlage bezüglich Datenschutzbedenken und sicherheitstechnischer Notwendigkeit sorgfältig austariert worden sei. Dem pflichteten die bürgerlichen Parteien bei. Etwa Heinz Theiler (fdp, SZ) sprach stellvertretend für die FDP-Fraktion von einem notwendigen Gesetz, ohne welches die Schweiz zur Sicherheitslücke werde und Schweizer Fluggesellschaften sogar Landerechte in anderen Staaten verlieren könnten.

Kritik an dieser Einschätzung kam aus den Reihen der SP, Grünen und GLP, welche mit sechs Minderheitsanträgen zur Stärkung des Datenschutzes im Plenum scheiterten. So verlangte eine Minderheit um Hasan Candan (sp, LU) eine Ausweitung des FPG auch auf die Privatfliegerei, um ein «Sicherheitsloch» und einen allfälligen Umstieg von Schwerstkriminellen auf Privatflieger zu verhindern. Die SP erhielt dabei lediglich Unterstützung von der GLP-Fraktion. Für die Kommissionsmehrheit hatte Thomas Hurter (svp, SH) argumentiert, dass die nicht-kommerzielle Luftfahrt nicht klar definiert und ein Einbezug daher praktisch nicht umsetzbar sei. Zwei Minderheiten Andrey (gp, VD) forderten erfolglos die unmittelbare Pseudonymisierung der erhobenen Daten ohne Verdachtspotenzial ab dem Zeitpunkt der Erhebung statt nach einer einmonatigen Frist sowie den kompletten Verzicht auf die Vorratsdatenhaltung ebendieser Daten. Letzteres hatte die SPK-NR ebenfalls bereits in einem Mitbericht an die SiK-NR gefordert, was bei der Rechtskommission jedoch nicht auf offene Ohren gestossen war. Wie Kommissionssprecher Fabien Fivaz (gp, NE) im Plenum erläuterte, müsste aus Sicht der Kommissionsmehrheit eine Interessenabwägung zugunsten der Sicherheit gegenüber dem Datenschutz gemacht werden. Schliesslich scheiterte eine erste Minderheit Hässig (glp, ZH) zur Verhinderung eines pauschalen Fokus auf grosse Personengruppen ebenfalls am Widerstand aus den Fraktionen der FDP, SVP und Mitte. Der zweite Minderheitsantrag Hässig hätte die Überprüfung der Verhältnismässigkeit der Risikoprofile für die Datenanalyse dem Bundesverwaltungsgericht übertragen wollen, was die bürgerliche Mehrheit ebenfalls ablehnte, denn dies sei eine «klassische Aufsichtsaufgabe des Bundesrates» und besser in einer Verordnung zu regeln, so Thomas Hurter im Plenum. Ein Präzisierungsantrag, durch den völkerrechtliche Vertragsabschlüsse für die Weitergabe von Flugpassagierdaten nur unter Einhaltung eines «angemessenen» gesetzgeberischen Datenschutzes auf Seiten der ausländischen Vertragspartnerinnen und -partner ermöglicht werden sollte, scheiterte in Form einer dritten Minderheit Hässig an der gleichen Gegnerschaft. Als Kommissionssprecher brachte Fivaz das Gegenargument der Kommissionsmehrheit und des Bundesrates vor; letztere befürchteten, dass schweizerische Transportunternehmen dadurch gegenüber der ausländischen Konkurrenz benachteiligt sein könnten.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat das leicht angepasste FPG mit 166 zu 25 Stimmen bei 4 Enthaltungen an, wobei die Gegenstimmen von der geschlossenen Grünen-Fraktion und zwei SP-Fraktionsmitgliedern stammten.

Loi sur les données relatives aux passagers aériens (MCF 23.079)

In Erfüllung eines Postulats von Marco Romano (mitte, TI) veröffentlichte der Bundesrat im Dezember 2024 einen Bericht zur Anti-Mafia-Zertifikatspflicht im öffentlichen Beschaffungswesen. Darin ging die Regierung der aufgeworfenen Frage einer Anpassung im Beschaffungsrecht nach, um das italienische Anti-Mafia-Zertifikat bei Auftragsvergaben der öffentlichen Hand an italienische Firmen verpflichtend einzufordern. Laut Bundesrat sei dies aus mehreren Punkten nicht sinnvoll; einerseits würde eine Regelung spezifisch für italienische Unternehmen das Gebot der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung verletzen, andererseits stehe den öffentlichen Stellen bereits heute die Möglichkeit offen, bei der Überprüfung eingegangener Angebote ein entsprechendes Zertifikat zu verlangen. Da sich der Bezug solcher Zertifikate durch italienische Unternehmen für Ausschreibungen in der Schweiz jedoch oftmals als kompliziert herausstelle, benötige der Vorgang die aufwändige Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden und der schweizerischen Botschaft, so die Regierung. Bei sicherheitsempfindlichen Ausschreibungen sehe zudem das ISG bereits heute Sicherheitsprüfungen vor und künftig soll durch das Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen (TJPG) den öffentlichen Stellen ein Abrufrecht auf das geplante Transparenzregister gewährt werden. Überdies stellten die BKB und die KBOB schon jetzt diverse Instrumente zur Kontrolle zur Verfügung und es sei daher von einer gesetzlichen Anpassung abzusehen.

Certificats antimafia délivrés par l’État italien pour les marchés publics en Suisse (Po. 22.3658)

In Erfüllung eines Postulats von Edith Graf-Litscher (sp, TG) veröffentlichte der Bundesrat im September 2024 einen Bericht zu Massnahmen gegen Ransomware-Angriffe. Darin betont er, dass die Schweizer Unternehmen und Behörden aufgrund ihrer relativ hohen Zahlungskraft im internationalen Vergleich ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle darstellen. Aus diesem Grund gebe es bereits heute zahlreiche rechtliche Vorgaben und behördliche Informationen zur Cybersicherheit sowie Anleitungen und Richtlinien zu IT-Schutzmassnahmen, so die Regierung. Diese Instrumente sollen im Bedarfsfall weiterentwickelt werden. Dabei sei von neuen Vorgaben zu Ransomware abzusehen, denn der Bund könne aufgrund der föderalen Kompetenzzuordnung keine flächendeckenden verbindlichen Schutzvorgaben für kantonale oder kommunale Organisationen mit öffentlichem Auftrag erlassen. Überdies habe die Prüfung einer möglichen Meldepflicht für Lösegeldzahlungen bei Cyberangriffen ergeben, dass eine Förderung des freiwilligen Informationsaustauschs zwischen gefährdeten Unternehmen und der öffentlichen Hand die Resilienz gegenüber Ransomware-Angriffen mehr stärken würde als eine neue Vorschrift. Im Bericht stellte die Regierung daher in Aussicht, diesen Informationsaustausch und die gemeinsame Abwehr von Ransomware-Angriffen durch eine koordinierende Rolle voranzutreiben. Sollten diese Massnahmen nicht die erhoffte Wirkung entfalten, seien bei Angriffen dennoch verbindlichere Massnahmen wie eine anonyme Meldepflicht für Versichernde betroffener Unternehmen, Finanzintermediäre sowie Sicherheitsdienstleistende in Betracht zu ziehen.

Améliorer la protection contre les rançongiciels (Po. 21.4512)
Dossier: Cyber Defence

Unter Kenntnis des Vernehmlassungsberichtes entschied die RK-SR mit 5 zu 4 Stimmen, dem Ständerat den Entwurf zur Verankerung der Unverjährbarkeit von Mord im StGB und MStG unverändert zu unterbreiten. Eine Minderheit beantragte, nicht auf die Vorlage einzutreten. Gleichzeitig entschied die Kommission, die Beratung der Motion Egger (svp, SG) bezüglich Unverjährbarkeit von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen vorerst auszusetzen. Dies mit der Begründung, zuerst die Stellungnahme des Bundesrates zur Standesinitiative abzuwarten.

Pas de prescription pour les crimes les plus graves (Iv. ct. 19.300)

Mit einem im September 2023 eingereichten Postulat verlangte Alex Farinelli (fdp, TI) vom Bundesrat eine umfassende Auslegeordnung zur möglichen Einführung einer Regelung für Kronzeuginnen und Kronzeugen der Mafia. Ein Überblick über die geltenden Normen zur Strafmilderung und zum Zeugenschutz sowie ein Vergleich mit anderen Staaten sollen den Gesetzgeberinnen und Gesetzgebern die Grundlagen für eine Entscheidung liefern, so der Postulant in seiner Begründung. Bundesrat Jans empfahl im Namen der Regierung die Ablehnung des Postulats sowohl aus materiellen als auch praktischen Gründen, denn das faktisch gleiche Begehren wurde vom Ständerat im Dezember 2023 ebenfalls mittels Postulat (Po. 23.4317) bereits eingebracht. Eine Überweisung dieses Vorstosses biete daher keinen Mehrwert, so Jans im Plenum. Eine Mehrheit im Nationalrat liess sich in der Herbstsession 2024 von dieser Argumentation jedoch nicht überzeugen und nahm das Postulat mit 135 zu 57 Stimmen an, wobei einzig eine Mehrheit der SVP-Fraktion dagegen votierte.

Einführung einer Regelung für Kronzeuginnen und Kronzeugen der Mafia (Po. 23.4008)

Mit einem im Juni 2023 eingereichten Postulat verlangte Piero Marchesi (svp, TI) vom Bundesrat einen Bericht zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in Grenzgebieten. Die Regierung soll unter Einbezug regionalspezifischer Daten der letzten zehn Jahren die Vor- und Nachteile des Schengener Systems und dessen Einfluss auf die grenzüberschreitende Kriminalität analysieren. Dabei müsse die Sicherheit der Bevölkerung in den grenznahen Gebieten im Fokus stehen, so der Postulant im Plenum. Bundesrat Beat Jans erläuterte in der Debatte die ablehnende Stellungnahme der Regierung: Nebst der jährlichen Berichterstattung zuhanden der beiden Geschäftsprüfungskommissionen sei die Situation mittels eines 2018 publizierten Postulatberichts (Po. 15.38969) bereits analysiert worden. Aktuelle Daten zeigten zudem, dass die Straftaten gesamthaft betrachtet in den Grenzregionen seit der Einführung von Schengen abgenommen hätten, betonte der Justizminister. Eine Mehrheit im Nationalrat folgte der Regierung und lehnte das Postulat in der Herbstsession 2024 mit 122 zu 68 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Für das Postulat sprach sich einzig die geschlossene SVP-Fraktion mit vereinzelter Unterstützung der FDP- und GLP-Fraktion aus. Das Geschäft ist somit erledigt.

Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in Grenzgebieten (Po. 23.3811)

Nach dem Nationalrat nahm auch der Ständerat in der Sommersession 2024 eine Motion der SiK-NR zur Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches stillschweigend an. Die zuständige SiK-SR empfahl einstimmig deren Überweisung. Kommissionssprecher Charles Juillard (mitte, JU) argumentierte im Plenum dabei ähnlich wie die Schwesterkommission mit dem gewünschten Abschluss der Motion Eichenberger-Walther (fdp, AG; Mo. 18.3592). Bundesrat Beat Jans nahm die Motion zum Anlass, über den aktuellen Stand der zur Erfüllung der überwiesenen Motion Eichenberger-Walther entwickelten «Polizeilichen Abfrageplattform» (Polap) zu informieren, welche bereits ab August 2024 von ersten Kantonen zur Vernetzung von polizeilichen Informationssystemen genutzt werden könne. Der Entscheid dazu liege jedoch in kantonaler Entscheidungsgewalt, was die von der Motion der SiK-NR geforderte nationale Verfassungsgrundlage zu einer komplexen Angelegenheit machen würde. Aus Sicht des Bundesrates wäre hierzu ein Konkordat zwischen den Kantonen wünschenswerter, aber die Regierung sei auch bereit, mit dem Auftrag eine Verfassungsrevision anzugehen und somit die fehlende Vernetzung der Polizeidaten möglichst rasch und umfassend nach europäischen Standards angehen zu können. Der Bundesrat hatte daher die Zustimmung zur Motion der SiK-SR empfohlen.

Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches (Mo. 23.4311)

Im Sommer 2024 schrieb der Nationalrat im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2023 das Postulat Regazzi (cvp, TI) zur Prüfung von Massnahmen zur Bekämpfung von sexueller Gewalt an Kindern im Internet und Kindsmissbrauch via Live-Streaming ab. Der Bundesrat verwies in seinem schriftlichen Antrag auf Abschreibung auf den im Dezember 2023 veröffentlichten Bericht zum Thema und betrachtete das Postulat somit als erfüllt.

Empêcher la diffusion en temps réel de pornographie infantile et mettre un terme à la prostitution infantile sur Internet (Po. 19.4105)
Mesures pour lutter contre la violence sexuelle à l'égard des enfants sur internet

Im Sommer 2024 schrieb der Nationalrat im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2023 das Postulat Feri (sp, AG) «Sexuelle Gewalt an Kindern im Internet. Was macht das Bundesamt für Polizei?» ab. Der Bundesrat hatte in seinem schriftlichen Antrag auf Abschreibung auf den im Dezember 2023 veröffentlichten Bericht über die Massnahmen zur Bekämpfung von sexueller Gewalt an Kindern im Internet und Kindsmissbrauch via Live-Streaming verwiesen und den Vorstoss damit als erfüllt betrachtet.

Sexuelle Gewalt an Kindern im Internet. Was macht das Bundesamt für Polizei? (Po. 19.4016)
Mesures pour lutter contre la violence sexuelle à l'égard des enfants sur internet

In der Sommersession 2024 schrieb der Nationalrat im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2023 das Postulat Quadranti (bdp, ZH) für die Prüfung von Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor der Herstellung von kinderpornografischem Material stillschweigend ab. Der Bundesrat verwies in seinem schriftlichen Antrag auf Abschreibung auf den im Januar 2023 veröffentlichten Bericht zum Thema, womit er das Postulat als erfüllt betrachtete.

Kinder und Jugendliche vor der Handykamera nicht alleine lassen (Po. 19.4111)

Im Sommer 2024 schrieben die beiden Räte im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2023 die Motion Feri (sp, AG) «Social-Media-Kampagne gegen Mobbing und Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen» ab. Der Bundesrat hatte in seinem schriftlichen Antrag auf Abschreibung auf die im Sommer 2023 durchgeführte Social-Media-Kampagne «Not a Joke», welche sich bereits mit dem Thema Mobbing beschäftigte, hingewiesen und erachtete das Anliegen der Motion somit als erfüllt.

Social-Media-Kampagne gegen Mobbing und Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen (Mo. 20.3687)

Der Bundesrat veröffentlichte im Mai 2024 die Botschaft zum neuen Flugpassagierdatengesetz (FPG). Im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage nahm die Regierung Anpassungen beim Datenschutz vor und reagierte damit auf die geäusserte Kritik in der Vernehmlassung. So sollen die gesammelten Fluggastdaten neu eingeteilt werden zwischen denjenigen mit objektiven Anhaltspunkten für Terrorismus oder andere Schwerstkriminalität und denjenigen ohne Verdachtspotenzial. Während erstere nach maximal fünf Jahren gelöscht werden müssten, wäre dies bei zweiteren nun bereits nach sechs Monaten der Fall. Diese unverdächtigen Daten sollen zudem bereits nach einem Monat pseudonymisiert werden. Im Vorentwurf hatte die Regierung vorgesehen, alle Daten nach sechs Monaten zu pseudonymisieren und nach fünf Jahren zu löschen.
In allen anderen Punkten hielt der Bundesrat an seinem Vorentwurf fest.

Loi sur les données relatives aux passagers aériens (MCF 23.079)

Im Sommer 2024 schrieb der Nationalrat im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2023 das Postulat der SPK-NR zur Prüfung des Beitritts der Schweiz zu ECRIS ab. Der Bundesrat verwies in seinem schriftlichen Antrag auf Abschreibung auf den im August 2023 veröffentlichten Bericht zum Thema und betrachtete das Postulat somit als erfüllt.

Internationaler Austausch von Strafnachrichten. Prüfung eines Beitritts der Schweiz zu Ecris (Po. 17.3269)
Dossier: Extrait du casier judiciaire pour le permis de séjour des citoyens de l'UE / Adhésion à ECRIS

Nachdem der Ständerat im September 2023 der Motion Noser (fdp, ZH) für die Anpassung des schweizerischen Dispositivs zur Korruptionsbekämpfung an die Anforderung der OECD-Anti-Korruptionskonvention zugestimmt hatte, empfahl die zuständige RK-NR ihrem Rat mit 16 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung deren Ablehnung. Wie Kommissionssprecherin Maya Bally (mitte, AG) ausführte, sei die erste geforderte Massnahme – der erweiterte Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern im privaten Sektor – seit der im Frühjahr 2020 abgelehnten Bundesratsvorlage (BRG 13.094) vom Tisch, und es sei nicht anzunehmen, dass die damals nicht vorhandene Kompromissbereitschaft im Parlament inzwischen zugenommen habe. Auch der zweiten Forderung nach einer Erhöhung der Höchststrafe für juristische Personen stand die Kommission ablehnend gegenüber. Deren Sprecher Philippe Nantermod (fdp, VS) begründete dies damit, dass bereits heute durch den Einzug von unrechtmässigen Gewinnen zusätzlich zur Geldbusse genügend Handlungsspielraum bestehe. Eine Kompromisslösung in Form eines Postulats für einen bundesrätlichen Prüfbericht zu allfälligen Änderungen im Schweizer Recht zum Schutz von Whistleblowern wurde in der Kommission ebenfalls knapp mit 13 zu 12 Stimmen abgelehnt. Eine Minderheit um Sibel Arslan (basta, BS) widersprach der Kommissionsmehrheit und dem Antrag des Bundesrates und beantragte die Annahme der Motion, da der unzureichende Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern nach wie vor bestehe und jetzt der richtige Moment für einen Neuanlauf sei. Der Nationalrat folgte jedoch dem Bundesrat und der Kommissionsmehrheit und lehnte beide Ziffern der Motion mit 125 zu 60 bei einer Enthaltung, respektive 129 zu 60 Stimmen ab. Links-Grün und die beiden EVP-Vertreter wurden dabei von den Mitte-Rechts-Fraktionen überstimmt. Das Geschäft ist somit erledigt.

OECD-Antikorruptionskonvention. Verschärfung der nationalen Umsetzung (Mo. 23.3844)

Die RK-SR schickte im Januar 2024 ihren Entwurf zur Aufhebung der Verjährungsfrist für die schwersten Verbrechen in die Vernehmlassung. Der Vernehmlassungsentwurf sah dabei einzig die Unverjährbarkeit von Mord im StGB und MStG vor, wogegen die Standesinitiative ursprünglich die Unverjährbarkeit aller Delikte mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe vorgesehen hatte. Weiter hielt die Kommission daran fest, die Unverjährbarkeit von Mord im Jugendstrafrecht nicht einzuführen.

Bis zum Ablauf der Frist im April 2024 gingen insgesamt 39 Stellungnahmen ein, darunter diejenigen von 25 Kantonen, vier politischen Parteien und zehn Organisationen, wie dem im Oktober 2024 veröffentlichten Ergebnisbericht zu entnehmen war. Eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden lehnte die Einführung der Unverjährbarkeit von Mord ab, darunter 17 Kantone (AG, AI, AR, BL, BS, FR, GE, GL, GR, NW, OW, SH, SO, TI, UR, VD, ZH) sowie die Grünen und die SP. Als Argumente für die Ablehnung fungierten unter anderem die Gefahr, dass mit der Unverjährbarkeit von Mord zu hohe Erwartungen bei Opferangehörigen geweckt werden, der technologische Fortschritt heute Delikte schneller aufklären liesse und der Verjährung eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung des Rechtsfriedens zukomme. Während sechs Teilnehmende, darunter der Kanton Neuenburg und die KKPKS, explizit auf eine Stellungnahme verzichteten, begrüsste eine Minderheit von acht Kantonen (BE, JU, LU, SG, SZ, TG, VS, ZG) sowie die FDP.Die Liberalen und die SVP den Vorentwurf. Zudem äusserten diverse Stellungnehmende, darunter 13 Kantone und die KKJPD den Wunsch, dass die Verjährungsfristen bei schweren Straftaten generell überprüft werden sollten.

Pas de prescription pour les crimes les plus graves (Iv. ct. 19.300)

Im Oktober 2023 reichte die RK-SR ein Postulat zur Prüfung einer Kronzeugenregelung ein. In einem Bericht solle der Bundesrat darlegen, welche Vor- und Nachteile die Einführung einer Kronzeugenregelung im Schweizer Straf- und Strafprozessrecht mit sich brächte. Insbesondere solle er dabei die internationale Erfahrung mit solchen Rechtssystemen berücksichtigen. Wie Kommissionssprecher Jositsch (sp, ZH) erläuterte, resultiere dieses Postulat aus einer Anhörung der Bundesanwaltschaft, welche dargelegt habe, dass sie ohne eine Kronzeugenregelung ausserordentliche Schwierigkeiten habe, Ermittlungen gegen die organisierte Kriminalität und Terrorismus durchzuführen. Über die definitive Einführung einer Kronzeugenregelung könne zu einem späteren Zeitpunkt befunden werden, führte Jositsch weiter aus und betonte, dass er persönlich einer solchen bislang immer äusserst kritisch gegenübergestanden habe. Der Bundesrat verwies in seiner Stellungnahme auf die 2017 abgelehnte Motion Janiak (sp, BL; Mo. 16.3735) und argumentierte analog zu damals, dass die Kronzeugenregelung dem schweizerischen Rechtsstaatsprinzip widerspreche und auch ein Bericht keine weitere Klärung diesbezüglich brächte. Er beantragte daher die Ablehnung der Motion. Mit den gleichen Bedenken äusserten sich im Plenum Beat Rieder (mitte, VS) und Céline Vara (gp, NE) – beide ebenfalls Mitglieder der Rechtskommission –, welche zusätzlich die Übernahme von Rechtspraktiken aus dem angelsächsischen Raum als kritisch betrachteten und unterdessen zum Schluss gelangt waren, das Postulat seie aus diesen Gründen abzulehnen. Der Ständerat folgte jedoch dem Antrag seiner Kommission und überwies das Postulat in der Wintersession 2023 mit 22 zu 16 Stimmen.

Prüfung einer Kronzeugenregelung (Po. 23.4317)

Der Nationalrat nahm in der Wintersession 2023 stillschweigend eine Motion der SiK-NR für die Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches an. Konkret sollte in der Bundesverfassung dem Bund die Kompetenz eingeräumt werden, die Abfrage polizeilicher Daten zwischen dem Bund und den Kantonen sowie unter den Kantonen zu regeln. Kommissionssprecherin Maja Riniker (fdp, AG) verwies im Ratsplenum auf die laufende Umsetzung der Motion Eichenberger (fdp, AG; Mo. 18.3592), die eine nationale Koordination und Rechtsgrundlage benötige. Bisher müssten sich die Kantone untereinander jeweils einzeln für die Herausgabe polizeilicher Daten anfragen. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider befürwortete die Motion ebenfalls, denn sie ermögliche die Schliessung einer Gesetzeslücke und somit einen funktionierenden polizeilichen Datenaustausch in der Schweiz, falls der eingeschlagene Weg einer Konkordatslösung unter den Kantonen nicht zum Erfolg führen sollte.

Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches (Mo. 23.4311)

Der Nationalrat nahm in der Wintersession 2023 ein im März desselben Jahres eingereichtes Postulat Molina (sp, ZH) zum Thema gewalttätiger Extremismus in der Schweiz mit 101 zu 92 Stimmen bei einer Enthaltung an. Damit wurde der Bundesrat aufgefordert, einen umfassenden Bericht zur Verbreitung und zum Gefahrenpotenzial von gewalttätigem Extremismus sowie zu allfälligen Präventions- und Schutzmechanismen gegenüber gewalttätigen rechtsextremen, homophoben, rassistischen und antisemitischen Gruppierungen in der Schweiz zu verfassen. Dies sei aufgrund der Entwicklung von verschwörungstheoretischen Gruppierungen während der Corona-Pandemie, dem jüngsten Antisemitismus-Bericht des SIG und der GRA sowie Vorfällen von rechtsextremer Präsenz dringend nötig, wie der Postulant sein Anliegen begründete. Des Weiteren sollte für den Bericht eine detaillierte Statistik über rechtsextreme Gewaltakte und deren Netzwerke erstellt werden. Der Bundesrat hatte die Ablehnung des Postulates empfohlen, da er einen zusätzlichen Bericht angesichts anderer laufender oder abgeschlossener Arbeiten – etwa Berichten zu Hassrede, LGBTQ-feindlichen «Hate Crimes», Gewaltextremismus sowie Terrorismus- und Extremismusbekämpfung – als nicht nötig erachtete. Mit dieser Argumentation konnte er die Ratsmehrheit aus Mitte-Links allerdings nicht überzeugen.

Gewalttätiger Extremismus in der Schweiz (Po. 23.3136)

Der Bundesrat veröffentlichte in Erfüllung der Postulate Feri (sp, AG) und Regazzi (mitte, TI; Po. 19.4105) einen Bericht über die Massnahmen zur Bekämpfung von sexueller Gewalt an Kindern im Internet und Kindsmissbrauch via Live-Streaming. Federführend beim Bericht war das Fedpol in Zusammenarbeit mit den betroffenen Bundesämtern, interkantonalen Konferenzen und Kantonspolizeien. Die Kompetenz für die Bekämpfung der Pädokriminalität liege in erster Linie bei den zuständigen Behörden in den Kantonen, welche zudem interkantonale Strukturen einsetzen würden, um die Koordination auf strategischer und operativer Ebene zu verbessern, erklärte der Bundesrat im Bericht. Zudem komme den Kantonspolizeien bei der Prävention eine wichtige Rolle zu, wobei sie von der Schweizerischen Kriminalprävention (SKP), von verschiedenen Initiativen des Bundes und von Nichtregierungsorganisationen unterstützt würden. Weiter überwachten die Kantonspolizeien pädokriminelle Netzwerke, und Polizistinnen und Polizisten würden auf Foren oder in Chats eingesetzt, um potenzielle Täter und Täterinnen zu entlarven. Das Fedpol übernehme hingegen Zentralstellenaufgaben wie die internationale Zusammenarbeit mit Europol und Interpol sowie die Voranalyse der Verdachtsmeldungen des Nationalen Zentrums für vermisste und ausgebeutete Kinder (NCMEC) aus den USA. Im internationalen Vergleich sei die Organisation mit einer Zentralstelle für die internationale Koordination einerseits und lokal ermittelnden Einheiten andererseits weit verbreitet, so die Regierung. Dabei stosse man auch auf ähnliche Herausforderungen wie andere Staaten, vor allem beim grenzüberschreitendem Zugang zu elektronischen Beweismitteln oder mangelnden personellen Ressourcen. Im Bereich der digitalen Pädokriminalität seien die internationale Zusammenarbeit und die Prävention die entscheidenden Faktoren. Der Bundesrat werde daher seine Anstrengungen im Rahmen seiner subsidiären Rolle, namentlich im Bereich der internationalen Koordination und Prävention, fortführen und die entsprechenden multilateralen Entwicklungen aufmerksam verfolgen, versprach er im Bericht. Ausserdem beteilige sich die Schweiz an den zurzeit laufenden Verhandlungen zu einem UNO-Übereinkommen über die Cyberkriminalität. Darüber hinaus sei das EJPD mit der Analyse beauftragt worden, welche Auswirkungen die künftige EU-Verordnung betreffend Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern für die Schweiz haben werde.

Sexuelle Gewalt an Kindern im Internet. Was macht das Bundesamt für Polizei? (Po. 19.4016)
Mesures pour lutter contre la violence sexuelle à l'égard des enfants sur internet

Im Gegensatz zu ihrer Schwesterkommission sprach sich die SiK-SR im November 2023 gegen die Schaffung eines zentralen Waffenregisters aus. Sie gab der entsprechenden parlamentarischen Initiative Schlatter (gp, ZH) mit 9 zu 3 Stimmen keine Folge. Die Kommissionsmehrheit sah in der seit 2016 bestehenden Vernetzung der kantonalen Waffenregister, in deren Online-Abfragemöglichkeit und in der ARMADA-Datenbank des Bundes bereits wirksame Instrumente, weshalb eine nationales Register ihrer Ansicht nach lediglich den administrativen Aufwand, nicht aber die öffentliche Sicherheit erhöhen würde.

Zunahme der Gewaltbereitschaft und privater Waffenbesitz. Es braucht ein zentrales Waffenregister! (Pa.Iv. 22.440)

Als Mitglied der parlamentarischen OECD-Delegation reichte Ständerat Ruedi Noser (fdp, ZH) im Sommer 2023 eine Motion ein, mit der er den Bundesrat aufforderte, das schweizerische Dispositiv zur Korruptionsbekämpfung an die Anforderungen der OECD-Anti-Korruptionskonvention anzupassen. Die OECD kritisiere die Schweiz immer lauter, dass sie erkannte Lücken in ihrer Korruptionsbekämpfung nicht schliesse, konkret, dass sie keinen gesetzlichen Schutz für Whistleblowerinnen und Whistleblower habe, begründete Noser seinen Vorstoss. Mit der Motion forderte er erstens die Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens für den Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern im privaten Sektor und zweitens die Erhöhung der aktuell auf CHF 5 Mio. festgesetzten Höchststrafe für juristische Personen in Art. 102 StGB. Der Bundesrat beantragte beide Ziffern der Motion zur Ablehnung. Der geltende Strafrahmen sei angemessen, da der betreffende Artikel nicht Korruptionstatbestände wie Geldwäscherei oder Bestechung bestrafe, sondern lediglich die Organisationsmängel, infolge derer diese Delikte nicht verhindert wurden. Bei der Forderung nach einer Whistleblowing-Gesetzgebung verwies die Regierung auf den Entwurf von 2013, der vom Parlament abgelehnt worden sei. Mangels neuer Erkenntnisse sehe sie sich nicht in der Lage, nun eine mehrheitsfähige Vorlage zu präsentieren. In der Herbstsession 2023 sprach sich der Ständerat dennoch deutlich für einen neuen Anlauf aus: Er nahm Ziffer 1 der Motion mit 35 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Ziffer 2 des Vorstosses hiess er mit Stichentscheid der Präsidentin Eva Herzog (sp, BS) ebenfalls gut.

OECD-Antikorruptionskonvention. Verschärfung der nationalen Umsetzung (Mo. 23.3844)

Im August 2023 verabschiedete der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung eines Postulats der SPK-NR, in dem er den Beitritt der Schweiz zu ECRIS prüfte. ECRIS ist die elektronische Vernetzung der Strafregisterdatenbanken aller EU-Mitgliedstaaten mit dem Ziel, den Austausch von Strafregisterinformationen innerhalb der EU zu vereinfachen, wie der Bundesrat im Bericht erklärte. Die Regierung kam zum Schluss, dass ein Beitritt zu ECRIS für die Schweiz viele Vorteile bringen könnte, darunter vor allem ein beschleunigter Datenaustausch und verringerter administrativer Aufwand. So habe die EJPD-Chefin dem BJ bereits im Dezember 2022 den Auftrag erteilt, in Zusammenarbeit mit dem EDA Gespräche mit der EU-Kommission in diese Richtung aufzunehmen. Es sei allerdings noch unklar, ob die EU dazu bereit sei und ob eine Teilnahme der Schweiz aus Sicht des EU-Rechts überhaupt möglich wäre, relativierte der Bundesrat.
Am Ursprung des Postulats stand die Idee, dass das Anliegen zweier Tessiner Standesinitiativen, von EU-Bürgerinnen und -Bürgern bei Beantragung einer Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz systematisch einen Strafregisterauszug einzuholen, mit dem Beitritt zu ECRIS mindestens teilweise umgesetzt werden könnte. Der Bundesrat stellte aber im Bericht fest, dass eine solche systematische Abfrage von Strafregistereinträgen im Migrationsbereich dem Personenfreizügigkeitsabkommen widerspreche. Das Verlangen eines Strafregisterauszugs im Rahmen der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei bei EU-Bürgerinnen und -Bürgern nur im Einzelfall und im Falle besonderer Verdachtsmomente gestattet. Das systematische Einholen bleibe somit auch mit einem Beitritt zu ECRIS unzulässig, so das Fazit des Berichts.

Internationaler Austausch von Strafnachrichten. Prüfung eines Beitritts der Schweiz zu Ecris (Po. 17.3269)
Dossier: Extrait du casier judiciaire pour le permis de séjour des citoyens de l'UE / Adhésion à ECRIS

Rückblick auf die 51. Legislatur: Rechtsordnung

Autorinnen: Karin Frick und Anja Heidelberger

Stand: 17.08.2023

Zu Beginn der Legislatur stand insbesondere die Stärkung der Terrorismusbekämpfung in der Schweiz im Zentrum des Themenbereichs «Rechtsordnung». Dabei setzte der Bundesrat die Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung mittels drei Projekten um: Das Bundesgesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe soll den bisher im Vergleich zur EU einfacheren Kauf von chemischen Substanzen, die zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden können, erschweren. Durch die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität in Umsetzung des Europarat-Übereinkommens zur Verhütung des Terrorismus sollen bereits Handlungen im Vorfeld eines geplanten terroristischen Aktes strafbar gemacht werden. Und das an der Urne angenommene Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (PMT) soll der Polizei zusätzliche Instrumente gegen terroristische Gefährderinnen und Gefährder liefern, unter anderem indem verdächtige Personen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.

Während sicherheitspolitische Argumente gemäss Nachabstimmungsbefragung zum Terrorismusgesetz an der Volksabstimmung von zentraler Bedeutung waren, spielten sie bei der Annahme der Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» im März 2021 eine eher untergeordnete Rolle. Als Hauptargument zur Annahme der Initiative, die ein Verbot der Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum und an öffentlich zugänglichen Orten beinhaltete, wurde der Schutz der Schweizer Werte und Kultur genannt. Der bundesrätliche Gesetzesvorschlag zur Umsetzung der Initiative befand sich Ende der Legislatur noch in parlamentarischer Beratung.

Auch zu Beginn der Legislatur abgeschlossen werden konnte die Totalrevision des Datenschutzgesetzes, wobei vor allem die Voraussetzungen, unter denen das sogenannte Profiling, d.h. die Verknüpfung von Daten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, zulässig ist, umstritten waren. Im Juni 2021 lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zudem die Einführung einer E-ID ab, wobei nicht in erster Linie die E-ID an sich, sondern deren Herausgabe durch private Anbieter anstelle des Staates kritisiert wurde.

Das grösste Gesetzgebungsprojekt im Themenbereich «Rechtsordnung» war die Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht – tatsächlich widmete das Parlament in dieser Legislatur keiner anderen Vorlage mehr Diskussionszeit (gemessen an der Anzahl Wörter). Damit sollten die aus den 1940er-Jahren stammenden Strafen mit den heutigen Werthaltungen in Einklang gebracht und deren Verhältnis zueinander neu ausgelotet werden. Diskutiert wurde dabei insbesondere über eine Verschärfung der Strafen für Gewalt gegen Behörden und Beamte sowie über die Revision des Sexualstrafrechts, welche aber aufgrund des grossen Besprechungsbedarfs in einen eigenen Entwurf ausgelagert wurde. Dabei entschied sich das Parlament nach langen Diskussionen, die auch in der Gesellschaft und den Medien widerhallten, gegen eine neue «Nur-Ja-heisst-Ja»-Regelung, die Vergewaltigung zukünftig als sexuelle Handlungen ohne Einwilligung des Opfers definiert hätte. Stattdessen ergänzte es die sogenannte «Nein-heisst-Nein»-Regelung dahingehend, dass auch ein allfälliger Schockzustand des Opfers erfasst wird. Nach der neuen Definition wird bei einer Vergewaltigung nicht mehr vorausgesetzt, dass das Opfer zur sexuellen Handlung genötigt wurde. Zudem können künftig nicht mehr nur Frauen als Opfer einer Vergewaltigung anerkannt werden.

Ausführlich debattiert wurde auch die Revision der Strafprozessordnung (StPO). Nachdem das Parlament – nach einem Urteil des EGMR – kurzfristig bereits eine Gesetzeslücke bei der Sicherheitshaft geschlossen hatte, befasste es sich mit problematischen Aspekten der Strafprozessordnung, um die Praxistauglichkeit bestimmter Bestimmungen zu verbessern. Im Hauptstreitpunkt, wonach Beschuldigte zukünftig nicht mehr bei allen Einvernahmen anderer Personen anwesend sein sollten, damit es nicht zu Absprachen kommt, lehnte das Parlament nach langen Diskussionen eine Änderung des Status quo ab.

Schliesslich stand neben dem Strafrecht auch das Zivilrecht im Mittelpunkt des Interesses, als in der Zivilprozessordnung der Zugang zum Gericht erleichtert und die Rechtssicherheit verbessert werden sollte. Die Aufmerksamkeit galt aber vielmehr einer vom Parlament verschärften Regelung, welche eine Verhinderung des Erscheinens von Medienartikeln durch eine superprovisorische Verfügung einfacher möglich machte (siehe auch Legislaturrückblick «Médias»).

Für mediale Aufmerksamkeit sorgten während der 51. Legislatur auch immer wieder Demonstrationen gegen im Zuge der Covid-19-Pandemie beschlossene Massnahmen. Diese verstärkten sich im Laufe des Jahres 2021 und erreichten nach Einführung der Zertifikatspflicht gegen Ende des Jahres 2021 ihren Höhepunkt. Die aufgeladene Stimmung gipfelte darin, dass das Bundeshaus aufgrund befürchteter Ausschreitungen am Abstimmungssonntag zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes von der Polizei grossräumig abgeriegelt wurde – eine weitere Eskalation blieb jedoch aus.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Rechtsordnung
Dossier: Rétrospective sur la 51e législature

Im Juni 2023 sprach sich die SiK-NR für die Einführung eines zentralen Waffenregisters aus. Sie gab mit 13 zu 11 Stimmen einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Schlatter (gp, ZH) Folge. Die Initiantin nahm in ihrer Begründung auf eine Warnung von Fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle Bezug, wonach die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft seit der Corona-Pandemie zunehme und sich unter den gewaltbereiten Personen auch Bewaffnete befänden – wie viele, lasse sich aufgrund eines fehlenden zentralen Registers jedoch nicht beziffern, folgerte Schlatter. Die Kommissionsmehrheit hoffte, dass mit der Registrierung und statistischen Erhebung aller Feuerwaffen ein präventiver Beitrag zur Sicherheit in der Schweiz geleistet werden könne, wie sie per Medienmitteilung bekannt gab. Die bessere Informationsgrundlage soll sowohl die kantonsübergreifende Kriminalitätsbekämpfung erleichtern als auch die Sicherheit von Polizistinnen und Polizisten stärken, die ihrerseits schon länger ein solches Register forderten. Die Minderheit sah indes keinen Bedarf für eine zentrale Waffendatenbank, da sich das bisherige System mit kantonalen Registern bewährt habe und die Polizeihoheit den Kantonen obliege. Als Nächstes wird sich die ständerätliche Kommission zum Anliegen äussern.

Zunahme der Gewaltbereitschaft und privater Waffenbesitz. Es braucht ein zentrales Waffenregister! (Pa.Iv. 22.440)