Der Nationalrat behandelte in der Herbstsession 2025 als Zweitrat die Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe. Die RK-NR empfahl dabei mehrheitlich, auf die Vorlage einzutreten. Wie Kommissionssprecher Manfred Bühler (svp, BE) im Plenum ausführte, entsprächen die geplanten Verschärfungen im Vollzug lebenslanger Freiheitsstrafen einem Bedürfnis der Bevölkerung. Eine Minderheit um Raphaël Mahaim (gp, VD) beantragte indes, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Verschärfungen führten nicht zu einem zusätzlichen Schutz der Bevölkerung und erschwerten im Gegenteil die Wiedereingliederung der Verurteilten, so Mahaim. Vielmehr sei der Fokus auf Präventionsmassnahmen gegen Gewalttaten zu legen. Der Nationalrat folgte jedoch dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit und trat mit 127 zu 65 Stimmen (1 Enthaltung) auf die Vorlage ein. Die unterlegene Minderheit bestand aus den Fraktionen der SP und der Grünen sowie einem Vertreter der Mitte.

Anschliessend debattierte die grosse Kammer wie schon der Ständerat darüber, ob die neuen Bestimmungen auch rückwirkend auf bereits verurteilte Personen anwendbar sein sollen. Die RK-NR beantragte, die neue Regelung erst für Neuverurteilungen geltend zu machen. Laut Kommissionssprecherin Patricia von Falkenstein (ldp, BS) sollten «die Spielregeln nicht während des Spiels geändert werden», zumal damit ausgerechnet jener Teil der Verurteilten bestraft würde, der eine positive Prognose auf die Wiedereingliederung habe. Im Namen des Bundesrats unterstützte Beat Jans den Antrag der Kommission und nannte genaue Zahlen: Schweizweit befänden sich aktuell 16 Personen im Freiheitsentzug, welche von der Vollzugsänderung betroffen wären. Eine Minderheit um Mauro Tuena (svp, ZH) wollte dem Ständerat folgen und zugunsten der Opfergenugtuung keine Übergangsregelung vorsehen. Mit 107 zu 84 Stimmen (5 Enthaltungen) setzte sich der Antrag der Kommissionsmehrheit durch. Auf der unterlegenen Seite standen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, eine Mehrheit der Mitte-Fraktion und eine Vertreterin der FDP.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 131 zu 64 Stimmen (2 Enthaltungen) an. Dagegen votierten die Fraktionen der SP und der Grünen sowie ein Vertreter der Mitte. Gleichzeitig schrieb der Nationalrat auf Antrag des Bundesrats die dem Entwurf zugrundeliegende Motion Caroni (fdp, AR; Mo. 20.4465) stillschweigend ab.

Code pénal (réforme de la peine privative de liberté à vie). Modification (MCF 25.027)

In der Sommersession 2025 begann auch der Ständerat mit der Differenzbereinigung des indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)». Zwischen den beiden Kammern waren noch drei Differenzen offen. Die erste Differenz betraf die Möglichkeit, die kinderbezogenen Abzüge auf den Ehepartner oder die Ehepartnerin zu übertragen. Hier hatte die Kommission mit 7 zu 6 Stimmen entschieden, am früheren Entscheid der kleinen Kammer festzuhalten und die Übertragbarkeit beizubehalten, da der Abzug bei Elternteilen mit keinem oder tiefem Einkommen ansonsten «ins Leere fallen würde». Jedoch schlage die Kommission eine Kürzung des Kinderabzuges von CHF 12'000 auf CHF 10'700 vor, um die aus der Übertragbarkeit entstehenden Mindererträge von bis zu CHF 130 Mio. zu kompensieren – eine Minderheit um Eva Herzog (sp, BS) forderte aus diesem Grund die Streichung der Übertragbarkeit der Kinderabzüge. Die kleine Kammer entschied sich im Anschluss mit 22 zu 22 Stimmen und Stichentscheid von Ratspräsident Andrea Caroni (fdp, AR) für den Antrag der Minderheit. Bei Streichung der Übertragbarkeit sollte gemäss einem Einzelantrag von Eva Herzog überdies auch das Einsichtsrecht in die Steuerunterlagen des Ehepartners oder der Ehepartnerin gestrichen werden. Erneut wurde der Einzelantrag Herzog mit Stichentscheid des Ratspräsidenten angenommen. Die letzte Differenz betraf die Ausgestaltung des Steuertarifs, wobei sich der Nationalrat zuletzt für einen weniger progressiven Tarif als der Ständerat, aber für einen progressiveren als der Bundesrat in der Botschaft entschieden hatte. Im Namen der Kommissionsmehrheit empfahl Hans Wicki (fdp, NW) dem Nationalrat zu folgen, da dessen Tarif einen Kompromiss darstelle und im Unterschied zum ständerätlichen Tarif zu weniger Steuerausfällen führen würde. Eine Minderheit um Erich Ettlin (mitte, OW) forderte, zum ursprünglichen Tarif der bundesrätlichen Botschaft zurückzukehren, da der progressivere Tarif des Nationalrates zwar die Steuerausfälle geringer halte, dafür aber den Mittelstand stark belasten würde. Erneut war ein Stichentscheid des Ratspräsidenten nötig, wobei der Ständerat dem Antrag der Kommissionsmehrheit folgte.

Nachdem die verbliebenen Differenzen im indirekten Gegenvorschlag bereinigt worden waren, setzte der Ständerat die Beratung zur «Steuergerechtigkeits-Initiative» der FDP-Frauen fort. Die Kommissionsmehrheit hatte die Volksinitiative zuvor mit 7 zu 6 Stimmen zur Annahme empfohlen. Die Initiative schaffe Anreize für Frauen, erwerbstätig zu sein, wodurch circa 40'000 bis 60'000 Vollzeitstellen besetzt werden könnten. Eine Minderheit um Pirmin Bischof (mitte, SO) forderte, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Zwar schaffe die Initiative die Heiratsstrafe ab, führe aber gleichzeitig eine «Hauptverdiener- und Hauptverdienerinnenstrafe» ein, wodurch eine Benachteiligung durch eine andere ersetzt würde. Auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter sprach sich für eine Empfehlung auf Ablehnung der Initiative aus, da es für die Einführung der Individualbesteuerung keine Verfassungsänderung brauche, wie der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates zeige. Der Ständerat folgte jedoch mit 22 zu 22 Stimmen mit Stichentscheid des Ratspräsidenten der Kommissionsmehrheit und empfahl die Initiative zur Annahme.

In den folgenden Schlussabstimmungen nahm der Ständerat sowohl den indirekten Gegenvorschlag als auch den Bundesbeschluss über die Volksinitiative mit 22 zu 21 Stimmen an. Der Nationalrat tat es der kleinen Kammer gleich und hiess beide Vorlagen mit 101 zu 93 Stimmen gut. In beiden Kammern stimmten die Fraktionen der Mitte und der SVP geschlossen für eine Ablehnung des Bundesbeschlusses zur «Steuergerechtigkeits-Initiative» sowie des indirekten Gegenvorschlags. Die übrigen Fraktionen stimmten geschlossen für deren Annahme. Zuvor hatte Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) im Namen der Parteien der SVP und der Mitte sowie des Bauernverbands angekündigt, das Referendum gegen den Gegenvorschlag ergreifen zu wollen.

Einige Tage nach den Schlussabstimmungen informierte das Initiativkomitee die Bundeskanzlei über den bedingten Rückzug der «Steuergerechtigkeits‑Initiative».

Pour une imposition individuelle indépendante de l'état civil (initiative pour des impôts équitables) et contre-projet indirect (MCF 24.026)

In der Wintersession 2024 gelangte der Entwurf des Bundesrats zur Schaffung eines Verpflichtungskredits für den Aufbau einer Swiss Government Cloud (SGC) in den Ständerat. Auch der Zweitrat hiess die CHF 319.4 Mio. gut, mit denen die neue Infrastruktur aufgebaut werden soll. In der Ratsdebatte betonte der FK-SR-Sprecher Peter Hegglin (mitte, ZG) die Bedeutung von Cloud-Diensten für die zunehmende Nachfrage nach unterschiedlichen und sicheren IT-Lösungen in der Verwaltung. Weil die aktuelle Infrastruktur weder ausbau- noch leistungsfähig sei, brauche es eine neue «Hybrid-Multi-Cloud-Infrastruktur». Hybrid bedeute, dass die Cloud-Dienste sowohl vom Bund als auch von Privaten angeboten werden und «Multi» stehe für mehrere externe Anbieter. Ziel sei eine einheitliche Lösung, die – falls das Interesse bestehe – auch von Kantonen und Gemeinden genutzt werden könne. Die Realisierung sei für die Jahre 2025 bis 2032 geplant.
Eintreten war zwar nicht bestritten, aber Pirmin Schwander (svp, SZ) meldete sich dennoch mit einigen kritischen Bemerkungen sowohl zur Höhe des Kredits als auch zur Dauer des Projekts zu Wort. In einem Bereich, in dem ständig neue Technologien entwickelt würden, sei eine Projektdauer von sieben Jahren zu lange und einzelne Ausgabenposten – so etwa die CHF 12.9 Mio. für Migrationsunterstützung oder die CHF 19 Mio. für die Erarbeitung eines Service-Portfolios – seien «übertrieben». Auch Charles Juillard (mitte, JU) äusserte sich kritisch. Er sei ebenfalls nicht gegen Eintreten, aber er wolle darauf hinweisen, dass ausländische Cloud-Anbietende – in diesem Bereich gehe es nicht ohne Wettbewerbende aus dem Ausland – unbedingt dem Schweizer Recht unterstellt werden müssten. Bevor die kleine Kammer die Detailberatung in Angriff nahm, versuchte Finanzministerin Karin Keller Sutter der Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Projektdauer sei so umfassend, weil bereits ab Beginn des Projekts in einem laufenden Prozess Fachanwendungen auf der neuen Cloud realisiert würden. Zudem werde man bei der Ausschreibung darauf achten, dass vor allem Unternehmen ausgewählt würden, die «der hiesigen Jurisdiktion unterworfen» seien, so die Bundesrätin.
In der Detailberatung diskutierte der Ständerat zwei Punkte. Zum einen beantragte die FK-SR eine Präzisierung hinsichtlich des ökologischen Fussabdrucks. Die Forderung, dass die SGC ebendiesen Fussabdruck reduzieren solle, müsse weniger «absolut» formuliert werden, weshalb der Formulierung ein «möglichst» hinzugefügt werden solle, so Peter Hegglin, der den unbestrittenen Antrag erklärte. Zum anderen sollen sich die Kantone und Gemeinden, wenn sie die SGC nutzen möchten, den Standards des Bundes anpassen müssen. Zudem müsse diese Teilnahme zu kostendeckenden Preisen angeboten werden und es brauche eine entsprechende Stelle – vorgeschlagen wurde das EFD –, welche die Vereinbarungen abschliesse. Eine Minderheit I Benjamin Mühlemann (fdp, GL) beantragte, dem Vorschlag des Nationalrats zu folgen, der den Bund verpflichten wollte, die SCG den interessierten Kantonen und Gemeinden bedingungslos zur Verfügung zu stellen. Eine Minderheit II Erich Ettlin (mitte, OW) schlug hingegen vor, diesen Passus ganz zu streichen und damit dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesrats zu folgen: Bei der Verrechnung von durch den Bund angebotenen Dienstleistungen gelte sowieso jeweils die Vollkostenverrechnung, was den Passus unnötig mache. Der Antrag der Kommissionsmehrheit passierte beide Eventualabstimmungen zwar knapp – mit 25 zu 15 (Minderheit I) bzw. 22 zu 19 Stimmen (Minderheit II) –, der so bereinigte Kredit wurde in der Gesamtabstimmung aber mit 40 zu 0 Stimmen gutgeheissen.

Weil der Ständerat damit zwei Differenzen geschaffen hatte, ging das Geschäft noch in der Wintersession wieder zurück an den Nationalrat. Die Differenzbereinigung sei eine «kurze Angelegenheit», leitete Kommissionssprecher Gerhard Andrey (gp, FR) sein Votum ein. Die FK-NR empfehle bei beiden Änderungen einstimmig, dem Ständerat zu folgen. Nachdem Finanzministerin Karin Keller-Sutter versichert hatte, dass der Bundesrat mit den ständerätlichen Korrekturen einverstanden sei, hiess die grosse Kammer das Geschäft stillschweigend gut. Weil damit übereinstimmende Beschlüsse beider Räte vorlagen, galt das Geschäft als definitiv angenommen.

Mise en place d’un Swiss Government Cloud (SGC). Crédit d’engagement (MCF 24.018)