Zuletzt aktualisiert: 27.01.2021, 16:40 Uhr

Dossier: Kantonale Wahlen 1985 Als PDF speichern

Kantonale Wahlen Neuenburg 1985

Dossier: Kantonale Wahlen - Neuenburg

Ein vom schweizerischen Trend abweichendes Ergebnis zeigten die Parlamentswahlen im Kanton Neuenburg, wo die bürgerliche Rechte stark vormarschierte. Die Liberalen/Nationalprogressisten vermochten ihre bisher 33 Sitze um 5 zu vermehren, und die Radikalen (FDP) eroberten 2 zusätzliche Mandate, so dass sich die bürgerliche Mehrheit im Grossen Rat markant verstärkte. Damit bestätigte sich der Rechtsrutsch, der in Neuenburg schon bei den Nationalratswahlen 1983 und bei den kommunalen Wahlen 1984 zu verzeichnen war, auch auf kantonaler Ebene. Erneut gingen die Verschiebungen zu Lasten der SP: Hatten die Sozialisten vier Jahre zuvor noch 5 Mandate gewinnen können, so büssten sie nun deren 4 ein. Die PdA (Parti ouvrier et populaire) ihrerseits konnte ihre 4 Mandate nur dank einem Bündnis mit der SAP halten, verlor jedoch über einen Viertel ihrer Wählerschaft. Ungünstig für die Linke wirkte sich zudem die schwache Stimmbeteiligung aus (-10%). Erstmals beteiligten sich auch in Neuenburg Grüne der gemässigten Richtung (Ecologie et liberté) an den Parlamentswahlen, doch konnten sie die gesetzlich vorgeschriebene Hürde von 10 Prozent der Stimmen nicht nehmen. Ebenfalls am hohen Quorum scheiterte der Landesring, der bisher 3 Mandate innehatte. Der Anteil der weiblichen Abgeordneten beträgt weiterhin gut 10 Prozent. Am gleichen Wochenende war auch die Regierung neu zu bestellen, doch erreichte keiner der Kandidaten das absolute Mehr. Umkämpft war das Mandat des demissionierenden Landwirtschaftsdirektors Jacques Béguin (lp), um das es zum Seilziehen zwischen dem Liberalen Jean-Claude Jaggi und dem Radikalen Walter Willener kam. Der FDP-Kampfkandidat erzielte mit dem sechsten Platz immerhin einen Achtungserfolg, verzichtete aber wie die weit abgeschlagenen weiteren fünf Kandidierenden auf einen zweiten Wahlgang. Darauf kam es zur stillen Wahl der fünf am besten placierten Bewerber. Aus den Staatsratswahlen gingen die Sozialisten insofern als Sieger hervor, als ihre beiden Regierungsräte - im Gegensatz zu früheren Wahlen der Exekutive - mit Abstand die besten Resultate erzielten.

Kantonale Wahlen Genf 1985

Dossier: Kantonale Wahlen - Genf

Aufsehen erregten die Parlamentswahlen im Kanton Genf. Die starke Ausländerpräsenz, das gereizte Klima im Asylwesen, die akute Wohnungsnot sowie eine Sensibilisierung gegenüber umweltpolitischen Fragen haben hier breite Wählerschichten in eine Oppositionshaltung zu den Regierungsparteien treten lassen, so dass die Wahlen einen eigentlichen Erdrutsch bewirkten: Bürgerliche und Linke verloren 20 Mandate an Vigilants und Grüne. Mit 12 dazugewonnenen Sitzen ging die Vigilance als Siegerin aus den Wahlen hervor und avancierte damit zu einer der beiden stärksten Parteien im Kantonsparlament. Sie ist nun mit 19 Mandaten gleich stark vertreten wie die Liberalen, welche ihre 1981 dazugewonnenen Mandate wieder verloren. Den Durchbruch schafften die Grünen (Parti écologiste genevois), die auf Anhieb 8 Sitze errangen. Demgegenüber mussten alle etablierten Parteien mit Ausnahme der CVP Verluste hinnehmen: Der Bürgerblock (Entente genevoise) konnte zum ersten Mal seit 1933 seine absolute Mehrheit im Parlament nicht halten, während die SP einen Drittel ihrer Wählerschaft verlor und mit 8 Sitzverlusten auch ihre Stellung als grösste Fraktion einbüsste. Der Wähleranteil und die Sitzzahl der PdA gingen weiter zurück. Im neuen Parlament stellen die Frauen einen Viertel der Abgeordneten (1981: 18%).

Der Wahlkampf für die einen Monat später stattfindenden Regierungsratswahlen hatte schon begonnen, nachdem André Chavanne, langjähriger SP-Erziehungsdirektor, sowie Guy Fontanet (cvp) ihren Rücktritt bekanntgegeben hatten; nach den politischen Verschiebungen im Parlament erhielt die Wahl der Exekutive jedoch neue Brisanz: Die CVP, die bei den Grossratswahlen als einzige Regierungspartei keine Mandate eingebüsst hatte, rechnete sich gute Chancen aus, den 1977 an die Liberalen verlorenen zweiten Regierungssitz zurückerobern zu können, und sie portierte Dominique Föllmi und Jean-Philippe Maître. Dadurch brach die «Entente» mit den Liberalen und den Radikalen auseinander, und die Bürgerlichen stiegen nach 16 Jahren wieder getrennt ins Rennen. Beide CVP-Kandidaten wurden gewählt, während Volkswirtschaftsdirektor Alain Borner (fdp) als überzählig ausschied. Keine Regierungsverantwortung anvertraut haben die Wählenden der Vigilance, deren Kandidat deutlich geschlagen wurde. Spitzenresultate erzielten dagegen die beiden Sozialisten Christian Grobet (bisher) und Bernard Ziegler (neu), wohl nicht zuletzt wegen ihrer engagierten Mieterschutzpolitik. Die SP konnte jedoch trotz ihrer gestärkten Position nicht verhindern, dass die Bürgerlichen Ziegler das Justiz- und Polizeidepartement zuteilten, das mit den heiklen Dossiers der Asylanten und des öffentlichen Transportwesens belastet ist.