Weil die SPK-NR Ende April 2024 mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung der parlamentarischen Initiative von Lukas Reimann (svp, SG) keine Folge geben wollte, musste das Geschäft in der Sommersession 2024 im Nationalrat in die Vorprüfung. Der Initiant begründete dort seine Forderung, dass Volk und Stände über dringlich erklärte Bundesgesetze entscheiden können müssen, mit dem Argument, dass die Stimmbevölkerung im Falle von dringlich erklärten Gesetzen ausgeschlossen werde und so faktisch keine direkte, sondern eine repräsentative Demokratie vorherrsche. Mit einem obligatorischen Referendum, das 100 Tage nach Annahme eines dringlichen Bundesgesetzes durch das Parlament durchgeführt werden müsse – ansonsten würde dieses Gesetz ausser Kraft treten –, könne die direktdemokratische Komponente gestärkt werden. Reimann bezog sich in seinen Ausführungen auch auf die mittlerweile im Unterschriftenstadium gescheiterte sogenannte Giacometti-Initiative, die das gleiche Ziel verfolgt hatte, wie die seine parlamentarische Initiative.
Nina Schläfli (sp, TG) und Giorgio Fonio (mitte, TI) berichteten in der Folge für die Kommissionsmehrheit. Im Moment sei ein obligatorisches Referendum dann vorgesehen, wenn dringliche Bundesgesetze ohne Verfassungsgrundlage länger als ein Jahr gelten. Gegen alle anderen dringlichen Gesetze könne das fakultative Referendum ergriffen werden. Die Kommission habe die «grundlegenden demokratischen Fragen» gewürdigt, die im Zusammenhang mit Notrecht gestellt werden müssten, sei aber zum Schluss gekommen, dass es in Krisensituationen nicht ohne dringliche Gesetze gehe. Obligatorische Abstimmungen würden das Parlament dabei in sowieso schon schwierigen Situationen noch weiter behindern. Zudem sei ein Ständemehr, das mit einem obligatorischen Referendum erreicht werden müsste, unverhältnismässig. Schliesslich seien 100 Tage Zeit sowohl für die Organisation einer Abstimmung als auch für die individuelle Meinungsbildung eine Herausforderung. Im Krisenfall müsste zudem unter Umständen mit zahlreichen Abstimmungsterminen gerechnet werden, was nicht nur negative Auswirkung auf die Stimmbeteiligung, sondern damit letztlich auch auf die Qualität der Entscheidungen haben könnte, so Schläfli und Fonio in ihren Ausführungen.
Nach den beiden Voten der Kommissionssprechenden schritt die grosse Kammer zur Abstimmung. Das Anliegen von Lukas Reimann fand zwar in seiner Fraktion ausnahmslos Unterstützung; alle anderen Fraktionen stimmten aber geschlossen gegen Folgegeben, womit die parlamentarische Initiative mit 129 zu 63 Stimmen erledigt wurde.