Im Juni 2021 hatte Christian Dandrès (sp, GE) eine parlamentarische Initiative eingereicht mit dem Ziel, die Entschädigung für Opfer von Menschenhandel als Recht im OHG zu verankern. Er argumentierte damit, dass die Schweiz diesbezüglich seit der Ratifizierung des Übereinkommens zur Bekämpfung des Menschenhandels eine Rechtslücke aufweise und die im Übereinkommen genannten Rechte der Opfer – unabhängig des Ortes der strafbaren Handlungen – gewähren müsste. Eine mit 13 zu 11 Stimmen zu Stande gekommene Mehrheit der RK-NR empfahl, der Initiative keine Folge zu geben. Für sie ging die vorgeschlagene Ausweitung der Schadenersatzforderung auch bei Taten im Ausland zu weit, weil die Entschädigung der Opfer primär Aufgabe der Täterinnen und Täter sei und die zusätzlich anfallenden Kosten für den Bund schwer bezifferbar wären. Zudem entstünde mit diesem Rechtsanspruch von Opfern von Menschenhandel eine Ungleichbehandlung gegenüber durch andere Straftaten Geschädigte, wie Sidney Kamerzin (mitte, VS) für die Kommission im Nationalrat ausführte. Eine starke Kommissionsminderheit empfahl hingegen, Dandrès Vorstoss Folge zu geben. Wie Minderheitensprecherin Tamara Funiciello (sp, BE) erläuterte, widerspreche die bestehende Rechtslücke aufgrund des oben genannten Übereinkommens sowie der Istanbul-Konvention internationalem Recht und müsse zwingend geschlossen werden. Die Ratsmehrheit folgte jedoch der Kommissionsmehrheit und gab der Initiative in der Sommersession 2022 mit 104 zu 86 Stimmen bei einer Enthaltung keine Folge. Dabei überstimmte eine bürgerliche Mehrheit der SVP-, FDP- und Mitte-Fraktionen die Fraktionen der Grünen, der GLP und der SP sowie vier Vertreterinnen und Vertreter der Mitte-Fraktion.
- Schlagworte
- Datum
- 16. Juni 2022
- Prozesstyp
- Parlamentarische Initiative
- Geschäftsnr.
- 21.468
- Akteure
- Quellen
- anzeigen
von Lukas Lütolf
Aktualisiert am 21.01.2025
Aktualisiert am 21.01.2025