Parlamentarische Vorstösse Rhinow von 1991 für eine Regierungsreform (Pa.Iv. 90.231)

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Die wachsende Beanspruchung durch internationale Treffen auf Ministerebene diente den beiden Freisinnigen Rhinow (fdp, BL) und Petitpierre (fdp, GE) als Hauptargument für ihre im März eingereichten parlamentarischen Vorstösse für eine Regierungsreform. Im Nationalrat wurde das Anliegen als Motion der freisinnigen Fraktion eingebracht, im Ständerat als parlamentarische Initiative Rhinow. In Form einer allgemeinen Anregung werden darin folgende drei Modelle in den Vordergrund gestellt: entweder die Schaffung von Staatssekretären oder eine grössere Zahl von Bundesräten mit einem verstärkten Präsidium oder eine Regierung, welche aus einem kleinen Führungskollegium und zusätzlichen Ministern für bestimmte Fachbereiche gebildet wird. Noch bevor der Bundesrat seine eigenen Reformvorschläge vorlegen konnte (siehe unten), beschloss der Ständerat, dieser Initiative Folge zu geben und eine Kommission mit der Uberprüfung der Vorschläge Rhinows zu beauftragen. Die Volkskammer, in der auch eine Motion Kühne (cvp, SG) zur Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Bundesrats hängig ist, befasste sich noch nicht mit dem Vorstoss. Mit der Überweisung von zwei gleichlautenden Postulaten von Ständerat Gadient (svp, GR) und der SVP-Fraktion beauftragte das Parlament zudem den Bundesrat, einen Bericht über mögliche Reformen zur Verbesserung der Führungsstrukturen auf allen Ebenen der Bundesverwaltung vorzulegen.

Ein Entscheid über eine grundlegende Reform des Regierungssystems darf nach Ansicht des Bundesrates jedoch erst gefällt werden, wenn Klarheit über die zukünftige Stellung der Schweiz in den europäischen Institutionen herrscht. Nach der guten Aufnahme der Vorstösse Petitpierre und Rhinow im Parlament und dem bescheidenen Echo, das sein eigenes Paket mit Sofortmassnahmen ausgelöst hatte, gab der Bundesrat die Einsetzung einer Expertenkommission unter der Leitung des Staatsrechtlers Eichenberger bekannt. Diese soll das gesamte Regierungs- und Rechtssetzungssystem unter Berücksichtigung der neuen politischen Herausforderungen analysieren, die Landesregierung bei der Behandlung der parlamentarischen Vorstösse für eine Regierungs- und Verwaltungsreform beraten und Vorschläge für eine Weiterführung der organisatorischen Reformen machen.

Der Ständerat, welcher bereits im Vorjahr eine zur Motion Petitpierre analoge parlamentarische Initiative Rhinow gutgeheissen hatte, überwies die beiden vom Nationalrat verabschiedeten Motionen ebenfalls, wobei er die Einschränkung formulierte, dass er die Motion Kühne für eine Heraufsetzung der Zahl der Bundesratsmitglieder nicht als imperatives Mandat ansehe
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Der Nationalrat überwies die im Vorjahr von Petitpierre (fdp, GE) und Ständerat Rhinow (fdp, BL) formulierte und von der freisinnigen Fraktion eingereichte Motion für eine Regierungsreform. Gleichzeitig stimmte er einer Motion Kühne (cvp, SG) zu, welche eine Erhöhung der Anzahl der Bundesratsmitglieder und eine Verstärkung der Führungs- und Koordinationskompetenzen des Bundespräsidenten verlangt. Der Bundesrat empfahl die Umwandlung in Postulate und sprach sich namentlich gegen eine Heraufsetzung der Zahl der Bundesräte aus. Er zeigte sich weiterhin davon überzeugt, dass im heutigen Zeitpunkt auf eine grundlegende Regierungsreform oder auch nur auf die Vergrösserung des Bundesrates verzichtet werden kann. Insbesondere mit der von ihm vorgeschlagenen Aufwertung der Generalsekretariate der Departemente und dem Einsatz von Titularstaatssekretären für internationale Verhandlungen würden die Voraussetzungen für eine effiziente Regierungstätigkeit wesentlich verbessert. Mit diesen Argumenten vermochte er freilich nicht zu überzeugen. Gegen die Überweisung in Motionsform sprach sich lediglich die SVP-Fraktion aus, welche für eine Konzentration auf die Reform der departementalen Führungs- und Organisationsstrukturen plädierte.

Die Kommission des Ständerates kam Ende Jahr in ihrem Zwischenbericht zu den Vorschlägen der Arbeitsgruppe für die Regierungsreform zu einem ähnlichen Schluss wie der Bundesrat. Zuerst hatte sie zwar auch noch eine eingehende Prüfung des Konkurrenzsystems angeregt, schliesslich wurde aber von der Kommissionsmehrheit dasjenige Modell am positivsten eingeschätzt, bei dem jeder Bundesrat durch zusätzliche Verwaltungsdirektoren oder Staatssekretäre bei der Departementsführung entlastet würde. Eine Minderheit der Kommission würde allerdings eine Erhöhung der Zahl der Bundesräte bevorzugen.