Auch im Jahr 2024 riss die Kritik an der Schweizerischen Nationalbank «aus verschiedenen Richtungen» (TA) nicht ab.
Nachdem die SNB Mitte April zum ersten Mal den Fussabdruck ihrer Investitionen von rund 10.2 Millionen Tonnen CO2 für das Jahr 2023 publizierte, erhielt die Kritik an den klimaschädigenden Anlagen der SNB erneut Aufwind, als die Klima-Allianz, welche von Emissionen von mindestens 41.1 Millionen Tonnen CO2 ausging, die Zahlen der SNB infrage stellte und ihr unterstellte, den weitaus grössten Teil der Emissionen vernachlässigt zu haben. Die Anlagepolitik der SNB stand auch im Nationalrat zur Debatte, in welchem fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen forderten, das Mandat der Nationalbank um die Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken zu ergänzen. Die Vorstösse wurden schliesslich abgelehnt. Anlässlich der Generalversammlung der SNB, die Ende April 2024 stattfand, hatten über 20 SNB-Aktieninhaberinnen und -inhaber der Klima-Allianz bereits im Januar erneut ein Traktandierungsgesuch von acht Anträgen eingereicht. Während drei Anträge mehr Transparenz vonseiten der Nationalbank und mehr Aufsichtsverantwortung des Bundesrats zur Klima- und Biodiversitätsrisiken forderten, zielten die fünf übrigen Anträge auf eine Ausweitung des Direktoriums der SNB sowie die Besetzung der Stellen im Bankrat mit Fachpersonen aus den Bereichen Klima und Umwelt ab. Nicht zuletzt müsse die SNB einen wissenschaftlichen Beirat schaffen. Die Klima-Allianz stützte sich in ihrem Traktandierungsgesuch auf einen Artikel des Nationalbankgesetzes, welches es der Generalversammlung erlaube, dem Bundesrat zuhanden des Parlaments eine Änderung des NBG zu beantragen. Die SNB wies alle Anträge mit der Begründung ab, dass dieser NBG-Artikel einzig auf «innergesellschaftliche, organisatorische Regelungen beschränkt» (AZ) sei und die «Grundordnung der SNB» (AZ) nicht tangiert werden dürfe.
Im Frühling 2024 wurde die SNB auch vom SNB-Observatorium bezüglich ihrer Governance kritisiert. Das Observatorium, welches aus drei Ökonomen besteht und zum Ziel hat, «die Politik der Nationalbank mit kritischen Diskussionsbeiträgen zu hinterfragen» (TA) bemängelte insbesondere die fehlende Transparenz der Nationalbank, die kleine Grösse des Direktoriums, das fehlende Know-How von Personen ausserhalb der SNB sowie die Ausschüttungspolitik der SNB. Wie der Tages-Anzeiger berichtete, kritisierte auch die SP-Nationalrätin Céline Widmer (ZH) die «zu mächtige[n] Rolle» des scheidenden SNB-Präsidenten Thomas Jordan und sprach sich für eine Erweiterung des Direktoriums auf fünf bis sieben Personen aus.
An der Generalversammlung Ende April übte wiederum die Präsidentin des SNB-Bankrats, Barbara Janom Steiner, «scharfe Kritik an den Kritikern der SNB» (NZZ) und hielt entgegen, dass das Mandat der SNB die Gewährung der Preisstabilität der konjunkturellen Entwicklungen sei – ein Ziel, welches die SNB aufgrund ihrer Unabhängigkeit und einem eng definierten gesetzlichen Auftrag sehr erfolgreich verfolgt habe, ohne «zum Spielball von interessenpolitischen Kräften» (TA) zu werden. Janom Steiner bezichtigte die Governance-Kritikerinnen und -Kritiker, die Unabhängigkeit und das enge Mandat der SNB zu untergraben. So bestehe bei einer Vergrösserung des Direktoriums die Gefahr, dass dieses nach politischen respektive ideologischen Kriterien oder aufgrund von Partikularinteressen besetzt würde. Weiter werde die gesetzliche Verpflichtung der SNB, die Gesamtinteressen der Schweiz zu vertreten, mittels «sachfremder oder politisch motivierter Forderungen» (TA) zur Ausweitung des Mandats «nach Gutdünken» (TA) missbraucht, so die Bankratspräsidentin.